Josef Wissarionowitsch Dschugaschwilli, genannt Stalin, starb am 5. März 1953, also vor 70 Jahren. Der Diktator regierte die Sowjetunion brutal – und wurde dennoch verehrt. Bei seinem Tod hinterlässt er einen "Ostblock", der die Welt für Jahrzehnte in feindliche Lager aufteilt.

Am 6. Dezember 1878 wird Josef Stalin in einem kleinen Dorf in Georgien geboren. Sein Vater ist ein gewalttätiger Alkoholiker, der seinen Zorn an Frau und Kind auslässt. Josef geht in eine kirchliche Schule, gilt dort als guter Schüler, neigt aber zu Schulhofschlägereien.

Seine Mutter lässt ihrer ihre guten Kontakte zur orthodoxen Kirche spielen und meldet ihren Sohn anschließend in Tiflis in einem Priesterseminar an. Doch der inzwischen 16-Jährige hat keine Priesterkarriere im Sinn. Er sucht Anschluss an revolutionäre Zirkel, die in derartigen Priesterseminaren antizaristische Umsturzpläne verfolgen. Stalin wird des Seminars verwiesen.

Von nun an lebt Stalin mehr oder weniger dauerhaft im kriminellen Untergrund. Lange Haftstrafen oder Verbannungen nach Sibirien sind die Konsequenz.

Gesuchter Verbrecher im Zarenreich

Als er im Sommer 1907 in Tiflis einen Banküberfall organisiert, bei dem mehr als 40 Menschen getötet und rund 340 Millionen Rubel erbeutet werden, ist er einer der meistgesuchten Verbrecher im Zarenreich.

Stalin ist nicht nur skrupellos und schreckt vor keiner Gewalt zurück, er tritt seinen Mitmenschen mit einer angsteinflößenden Empathielosigkeit entgegen. Seit einer Pockenerkrankung ist sein Gesicht von Narben entstellt, und sein rechter Arm hängt nach einem schweren Unfall regungslos herab. Beides löst in ihm einen Minderwertigkeitskomplex aus, den er ebenfalls mit Brutalität überspielt.

Verfolgungen, Hinrichtungen und der "Holodomor"

Nach der Oktoberrevolution, die er als Zeitgenosse miterlebt aber nicht aktiv betreibt, kommt Stalin in den inneren Führungszirkel der Bolschewisten um Lenin und wird einer von 15 Volkskommissaren, nach Lenins Tod sogar erster Mann der KPdSU. An der Spitze des Staates entwickelt er einen ausgeprägten Verfolgungswahn, lässt Militärs, Ärzte und so genannte Intellektuelle in großer Zahl liquidieren.

In der Ukraine verübt die Rote Armee im Auftrag Stalins den "Holodomor", dem rund 3,5 Millionen Bauern zum Opfer fallen, weil sie angeblich Ernteerträge zurückhalten oder selbst verzehren. Aber Stalin erwirbt sich mit dem Sieg im "Großen Vaterländischen Krieg" gegen die Deutschen großen Ruhm bei den Sowjetbürgern, die ihn als "Väterchen" verehren und über seine schweren Verbrechen hinwegsehen.

Als Stalin am 5. März 1953 stirbt, hat er einen "Ostblock" geschaffen, der als Puffer gegen die westlich-kapitalistische Welt dient und den europäischen Kontinent für 44 Jahre in zwei feindliche Lager aufteilt.

Ihr hört in "Eine Stunde History":

  • Der Historiker Stefan Creuzberger beschreibt den Weg Stalins vom Kriminellen zum "roten Zaren".
  • Ulrich Mählert von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur erläutert die Auswirkungen des Stalinismus auf die DDR.
  • Der Historiker Sören Urbansky vom Deutschen Historischen Institut in Berkeley/Kalifornien vergleicht das Gesellschaftssystem Putins mit dem Stalins der frühen 1950er Jahre.
  • Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte Matthias von Hellfeld berichtet über das Leben Stalins bevor er der mächtigste Mann der damaligen Sowjetunion wurde.
  • Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Sandra Doedter schildert den einsamen Tod des Diktators Anfang März 1953.
Shownotes
Josef Stalin
Vom Kriminellen zum sowjetischen Diktator
vom 03. März 2023
Moderatorin: 
Meike Rosenplänter
Gesprächspartner: 
Matthias von Hellfeled, Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte