Schulen öffnen oder Weihnachtsferien verlängern? Die Diskussion darüber läuft gerade auf Hochtouren. Wenn mal getestet wird, zeigt sich: Sars-CoV-2 verbreitet sich an Schulen wohl besser als gedacht.

Kinder und Jugendliche zeigen überwiegend keine Anzeichen einer Infektion mit Sars-CoV-2. Sie werden während der Covid-19-Pandemie, wie alle Menschen ohne Symptome, nur ausnahmsweise getestet. In Schulen und Kindertagesstätten begegnen sich trotz verschiedener Maßnahmen zum Infektionsschutz viele Menschen aus einer Vielzahl von Haushalten auf engem Raum.

Schule als Infektionsort

Deswegen wird seit Beginn der Pandemie intensiv darüber diskutiert, ob nun Bildungs- und Betreuungseinrichtungen für Kinder und Jugendliche die Infektionszahlen stark oder nur geringfügig beeinflussen. Unterrichtende sollen vor Infektionen geschützt werden, andererseits sollen aber auch die Schulbildung und das Sozialleben von Kindern und Heranwachsenden nicht monatelang pausieren.

Für Deutschlandfunk-Nova-Reporter Armin Himmelrath ist das Infektionsgeschehen längst in den Schulen angekommen. Nur sei es dort eben mangels Symptomen bei vielen Kindern kaum sichtbar. Er beschäftigt sich intensiv mit den Bildung- und Wissenschaft.

Massentests in Österreich

Er begründet seine Einschätzung mit dem vorläufigen Ergebnis einer großen Monitoringuntersuchung an österreichischen Schulen. Die medizinischen Fakultäten der Universitäten Graz, Innsbruck, Linz und Wien haben dafür gut 10.000 zufällig ausgewählte Lehrende, Schülerinnen und Schüler über einen längeren Zeitraum wiederholt getestet.

"Die haben wirklich Massentests bei Kindern, Lehrerinnen und Lehrern machen lassen und haben festgestellt – egal in welcher Altersstufe –, die sind gleich oft infiziert."
Armin Himmelrath, Deutschlandfunk-Nova-Reporter

Armin Himmelrath weist außerdem darauf hin, dass sich die Stadt Hamburg statistisch recht intensiv mit dem Infektionsgeschehen an Schulen beschäftigt hat. Nach den Sommerferien 2020 hat man dort 372 Ansteckungen nachverfolgt. Demnach haben sich 25 Prozent der Schülerinnen und Schüler in den Schulen angesteckt. Auch mit Blick auf britische Statistiken müsse das sorgfältig abgewogen werden, meint Armin Himmelrath.

"Drei Viertel von 372 haben sich tatsächlich außerhalb der Schule angesteckt, das heißt aber im Umkehrschluss; ein Viertel eben in der Schule."
Armin Himmelrath, Deutschlandfunk-Nova-Reporter

Er hebt außerdem die Kontroverse um eine bislang unveröffentlichte Studie an der Heinrich-Hertz-Schule in Hamburg hervor. Dort habe ein einzelner infizierter Mensch eine Vielzahl anderer mit Sars-CoV-2 infiziert. Das hatte die Stadt erst auf Nachfrage angegeben. Er sagt: "An einer Schule gab es fast 40 Ansteckungen, also wirklich ein Corona-Hotspot. Und da haben sie herausgefunden, dass mindestens 25 dieser Ansteckungen von einer einzigen Person ausgegangen sind."

Voraussichtlich am 05.01.2021 wollen Bundesregierung und Ministerpräsidenten entscheiden, ob die Schulen und Kitas in Deutschland nach den Weihnachtsferien überhaupt wieder geöffnet werden und ob alle Altersgruppen am Unterricht teilnehmen werden, beziehungsweise betreut werden sollen (Stand 04.01.2020).

"In England war die mit am stärksten betroffene Gruppe die der Schulkinder ab zwölf Jahren. Ich glaube, die Aussage: Schulen sind kein Infektionstreiber, lässt sich nicht mehr halten."
Armin Himmelrath, Deutschlandfunk-Nova-Reporter
Shownotes
Pandemie und Schule
Covid-19 und Schulen – kaum sichtbar und trotzdem da
vom 04. Januar 2021
Moderator: 
Ralph Günther
Gesprächspartner: 
Armin Himmelrath, Deutschlandfunk-Nova-Reporter