In Köln wird geschunkelt, in Münster geradelt und Berlin ist und bleibt eine einzige Baustelle. Klischees gibt es fast zu jeder Stadt. Warum eigentlich? Wir haben beim Stadtsoziologen Andrej Holm nachgefragt.

Berlin ist mürrisch, grau und voll mit Hipstern in Jogginghosen. Woher kommen eigentlich solche Klischees? Laut dem Stadtsoziologen Andreji Holm gibt es eine einfache Faustformel: "Je größer die Stadt, umso größer ist die Projektionsfläche in der Klischees betrieben werden können."

Bei Klischees handle es sich um Abbilder, die jedoch einen realen Kern hätten. Weil wir nicht immer in der Lage dazu sind, unsere Umgebung rational zu erfassen, dienen uns Klischees als Hilfsmittel, um Orte und Städte greifbarer zu machen. Dabei lassen sich einige Klischees jedoch ganz pragmatisch begründen.

"Da, wo viel Vielfalt sichtbar wird in der Stadt, werden auch Dinge sichtbar, die woanders nicht zur Normalität gehören."
Andrej Holm, Stadtsoziologe an der Humboldtuniversität Berlin

Dass wir in Berlin also öfter Menschen mit Jogginghose über den Weg laufen, liegt vor allem daran, dass in der Hauptstadt mehr Menschen leben als beispielsweise in einem niedersächsischen Dorf. Dennoch glaubt Andrej Holm, dass sich Klischees über Städte generell länger halten, als die realen Fakten.

Das hat auch damit zu tun, dass Menschen, die neu in eine Stadt kommen, sich vorab durch gängige Klischees über ihr neues zu Hause informieren und sich dann dementsprechend anpassen und verhalten. Durch eine Forschung an der Humboldtuniversität konnte der Stadtsoziologe diesen Gedanken mit seinen Studierenden sogar belegen.

"Es gibt ganz viele, die mit dem Bild nach Berlin kommen, dass das hier eine Stadt ist, wo man sehr laut sein darf und wo das Biertrinken auf der Straße erlaubt ist im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Metropolen."
Andrej Holm, Stadtsoziologe an der Humboldtuniversität Berlin

Manches stimmt, manches stimmt nicht

Einige Klischees sind aber auch tatsächlich Quatsch. Dass in Düsseldorf zum Beispiel mehr Anzugträger und weniger Arbeiter unterwegs sind als in anderen Städten von Nordrhein-Westfalen, lässt sich soziologisch und statistisch nicht belegen. Weil Düsseldorf in der Geschichte aber nicht so stark von der Industriearbeit wie umliegende Orte geprägt war, hält sich das Klischee weiterhin bis heute. Eine Stadt wie Hannover sei laut Andrej Holm hingegen tatsächlich sehr stark davon geprägt, dass sie so aussehe, wie viele andere Städte eben auch aussehen könnten.

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Shownotes
Stadtsoziologe
"Je größer die Stadt, umso größer die Projektionsfläche für Klischees"
vom 17. September 2021
Moderator: 
Dominik Schottner
Gesprächspartner: 
Andrej Holm, Stadtsoziologe an der Humboldtuniversität Berlin