In einer Stadt zieht sich die Polizei zurück und ist weniger aktiv. Was passiert? Es gibt mehr Verbrechen, könnte man denken - es kann aber auch passieren, dass es auf einmal weniger Verbrechen gibt. Das zeigt eine Studie aus New York. 

Nach den starken Protesten gegen Polizeigewalt hatte sich die Polizei in New York etwas zurückgezogen. Auslöser für die Demonstrationen war der Tod von Eric Garner - ein schwarzer asthmakranker Familienvater, der im Juli 2014 bei einem Polizeieinsatz gestorben war. 

Nach Morden an Polizisten fuhren die Beamten ihre Präsenz in Problemvierteln herunter: Polizisten stiegen nicht mehr unbedingt aus dem Auto aus und konzentrierten sich nur auf das Notwendigste. Für die Studie haben sich Sozialwissenschaftler jetzt die Kriminalitätsstatistik in der Zeit angesehen und mit Daten aus drei Jahren vorher verglichen. Ihre Untersuchung wurde im Fachmagazin Nature Human Behaviour publiziert.

Weniger Schwerverbrechen gemeldet

Das Ergebnis: In diesen Wochen mit weniger Polizei auf der Straßen wurden weniger Schwerverbrechen wie Morde, Vergewaltigungen, schwere Körperverletzung oder Raubüberfälle gemeldet. Und zwar laut der Auswertung der Forscher 3 bis 6 % weniger.

Die Forscher haben sich extra mit angesehen, ob Menschen lediglich weniger Verbrechen bei der Polizei gemeldet haben - das konnten sie in ihrer statistischen Analyse aber ausschließen. Sie gehen so weit, zu sagen, die geringere Polizeipräsenz sei der Grund für die geringere Zahl an Verbrechen.

Anne Preger, Deutschlandfunk Nova
Es wäre in jedem Fall sehr wichtig, weiter zu untersuchen, welche Polizeistrategie wirklich hilft.

Eigentlich wird in New York "proactive policing" betrieben, das heißt: Normalerweise fahren Polizisten Streife, vor allem in Gebieten mit hoher Kriminalitätsrate, sie halten Autofahrer an und verhaften Menschen auch für kleinere Vergehen. Die Idee: Durch aggressives Vorgehen und die Ahndung selbst kleiner Vergehen soll Kriminalität schon im Keim erstickt werden. 

Ob "proactive policing" versagt hat, darüber kann die neue Studie aber noch keine komplette Auskunft geben - dafür wäre eine Untersuchung über einen längeren Zeitraum nötig. Und wohl auch notwendig: Gerade ist die neue Kriminalitätsstatistik in den USA herausgekommen. Im zweiten Jahr in Folge sind die Zahlen für Gewaltverbrechen und Mord deutlich hochgegangen.