AufgabenverteilungBeziehung: Warum muss immer ich an alles denken? 

Wäsche machen, Müll rausbringen, Blumen gießen: Paulina und Zoe haben in ihren Beziehungen häufig den Großteil der Care-Arbeit erledigt. Ein Mental Load, der nicht zu unterschätzen ist. Wie die Aufgabenverteilung in Partnerschaften besser klappt.

Im Laufe einer Beziehung kann es passieren, dass sich die Partnerschaft nicht mehr wie eine Partnerschaft anfühlt. Häufiger Grund: Eine Person übernimmt deutlich mehr Aufgaben als die andere. Zum Beispiel wird mehr geputzt oder gekocht. Aber auch geschaut, dass der Kühlschrank immer gefüllt ist oder Treffen mit Freund*innen geplant werden.

Wenn die Partnerin die Mutterrolle übernimmt

Auch Zoe hat das schon erlebt, dass sie deutlich mehr Sorgearbeit in der Partnerschaft übernommen hat. Darunter haben Beziehungen gelitten oder sind auch deshalb gescheitert, erzählt sie. Künftig will sie Dinge ändern: "Worauf ich tatsächlich ganz bewusst – jetzt und auch in Zukunft – achte, dass nicht alles an mir hängen bleibt."

"Irgendwie habe ich mich immer um alles gekümmert in der Vergangenheit. Und das ist auch mit ein Grund, warum Beziehungen nicht mehr funktioniert haben."
Zoe, hat in Beziehungen mehrfach mehr Sorgearbeit übernommen als der Partner

Zoe war in dem Beziehungen, in denen sie überwiegend die Care-Arbeit geleistet hat, sehr frustriert: "Wenn ich es kommuniziert habe und es nicht besser gemacht wurde, verletzt mich das. Weil ich das Gefühl habe, dass meinem Gegenüber meine Bedürfnisse egal sind."

Gender Care Gap in Deutschland

Ähnliche Erfahrungen hat auch Paulina gemacht. Sie ist der Meinung, dass Kommunikation in solchen Situationen sehr wichtig ist: "Wenn es nicht besser wird, muss man irgendwann sagen: 'Wenn du dich nicht darum kümmerst, was ich dir erzähle, dann ist es vielleicht einfach nicht das Richtige. Und dann musst du vielleicht erst mal an dir selbst arbeiten.'"

Wenn es um die Frage geht, an wen Verantwortung herangetragen wird und wer sich verantwortlich fühlt, dann ist das in der Gesellschaft unterschiedlich verteilt, sagt Diana Lengersdorf, Professorin für Geschlechtersoziologie an der Uni Bielefeld. Familiäres etwa falle auch heute noch eher in den Zuständigkeitsbereich von Frauen, Berufliches eher in den von Männern.

"Wenn wir über Sorge-Verhältnisse reden, dann sprechen wir auch darüber, dass wir eine geschlechtliche Arbeitsteilung haben."
Diana Lengersdorf, Professorin für Geschlechtersoziologie an der Uni Bielefeld

Diese ungleiche Verteilung hat auch Auswirkungen auf die Gesellschaft und macht sich auch in Statistiken bemerkbar: Der Gender Pay Gap zeigt, dass Frauen immer noch weniger verdienen als Männer – und auch die unbezahlte Sorgearbeit ist ungleich verteilt. Der Gender Care Cap liegt in Deutschland bei etwa 43 Prozent. Frauen leisten also ungefähr die Hälfte mehr unbezahlte Sorgearbeit als Männer.

Dieser Unterschied verändert sich auch im Laufe des Lebens – zwischen 35 und 39 Jahren erreicht er den Höchststand. Zudem ist er in Westdeutschland deutlich höher als in Ostdeutschland.

Sozialisierung in der Kindheit

Diana Lengersdorf sagt, dass wir nur sehr schwer aus diesen Mustern herauskommen, weil wir schon früh sozialisiert wurden. Zum Beispiel beim Thema Sauberkeit: "Wer hat denn zum Beispiel in der Kindheit schon geübt, was 'sauber' heißt? Dieses Üben führt dazu, dass ich immer besser werde und dass ich Kompetenzen aufbaue. Dadurch sehe ich auch mehr, wo Dreck ist."

Und dadurch fühlen sich bestimmte Personen dann eher dafür zuständig und verantwortlich, sagt Lengersdorf.

Mental Load: Wenn unsichtbare Aufgaben zu viel werden

In diesem Zusammenhang spielt auch der "Mental Load" eine wichtige Rolle – also die mentale Belastung, rund um die Uhr alle To-Dos auf dem Schirm zu haben. Und diese Belastung wird in der Gesellschaft nach wie vor weniger wertgeschätzt als Lohnarbeit.

Jo Lücke setzt sich dafür ein, das zu ändern. Sie ist Autorin, politische Bildnerin und Gründerin der Liga für unbezahlte Arbeit (LUA) – Deutschlands erste gewerkschaftsähnliche Organisation für Sorgearbeit.

Test: Wie ist die Sorgearbeit in der Beziehung verteilt?

Jo Lücke hat auch einen Mental-Load-Test entwickelt, den Paare machen können, um realistisch einzuschätzen, wer welche Sorgearbeit übernimmt. "Bei heterosexuellen Pärchen, die den Test ausfüllen, ist ein ganz klares Muster, dass die Aufgaben, die die Frauen übernehmen, meistens wöchentlich oder täglich stattfinden", sagt Jo Lücke. Männer würden dagegen Aufgaben übernehmen, die deutlich seltener stattfinden.

"Sowas wie die Steuererklärung machen, das Auto zum TÜV bringen oder den neuen Router anschließen – das sind so typisch männlich konnotierte Aufgaben."
Jo Lücke, Gründerin der Gewerkschaft für unbezahlte Sorgenarbeit

Die Urlaubsplanung, Paarabende oder Treffen mit Freundinnen und Freunden fielen dagegen eher in einen Bereich, der typischerweise von Frauen übernommen werde.

Wo "Kümmern" aufhört und "Bemuttern" anfängt

Dinge für jemanden aus Zuneigung tun, bezeichnet Jo Lücke als "Kümmern". "Die Grenze zum Bemuttern wird dann überschritten, wenn man das Gefühl hat, dass die andere Person nicht in der Lage wäre, diese Aufgaben zu machen – eben wie ein Kind."

Dass eine Person diejenige ist, die sich immer kümmert, lässt sich zum Beispiel daran erkennen, dass sie häufig bestimmte Fragen beantworten muss, die mit "Wo?" oder "Wann?" beginnen. "Wo man dann merkt, ich bin so eine Art Wissensspeicher oder eine Zentrale, bei der viele Fäden zusammenlaufen", sagt Jo Lücke. Sie sagt auch, dass diese Ungleichverteilung sowohl bei heterosexuellen wie auch bei gleichgeschlechtlichen Paaren zu erkennen ist.

Rauskommen aus der Ungleichverteilung

Um zu einer gerechteren Aufgabenverteilung zu kommen, sei es wichtig, miteinander zu reden und Dinge offen anzusprechen, die einen stören.

Wichtig sei aber auch der Blick auf sich selbst. "Sich selber zu fragen: Wo komme ich eigentlich her mit meinem Verantwortungsgefühl? Wie kommt es, dass ich ganz viele Aufgaben sehe, die jemand anderes nicht sieht?"

Wer zum Beispiel mit klassischen Rollenbildern aufgewachsen ist, würde diese lange Zeit nicht hinterfragen. Sich aber genau darüber bewusst zu werden, kann helfen, Dinge zu ändern.