Bye bye Backhendl?Österreich bietet vegetarische Kochausbildung an

Wiener Schnitzel, Gulasch, Leberknödel: Die österreichische Küche ist traditionell fleischlastig. Doch im Nachbarland gibt es inzwischen eine Ausbildung zur Fachkraft für vegetarische Kulinarik. Noah Ruby ist nach Wien gezogen und gerade mittendrin.

Er ist der allererste Lehrling, der in Österreich die Ausbildung zur Fachkraft für vegetarische Kulinarik angefangen hat. Das ist in Österreich seit Juli 2025 möglich.

Für seine Ausbildung ist Noah Ruby 650 Kilometer von Tübingen nach Wien gezogen: Der Vegetarier möchte Koch werden, doch konnte er in Deutschland seinen Traum nicht erfüllen. Wer die Ausbildung in Deutschland antritt, muss mit Fleisch und Fisch kochen. So steht es im Lehrplan. Das hat Noah Ruby abgehalten.

"Mein Vegetariertum ist mir dann doch wichtiger als eine Kochausbildung."
Noah Ruby, absolviert die Ausbildung zur Fachkraft für vegetarische Kulinarik in Wien

Er ist nicht allein: Aleksandra Apelenova hat die Ausbildung im September 2025 begonnen. Sie ernährt sich schon ihr ganzes Leben vegetarisch, ist vor anderthalb Jahren aus der Slowakei nach Wien gezogen und sagt: "I was very happy because it never existed before and yeah, I came to Vienna and then I realized why I'm here."

Gemüselastiger Speiseplan

Parvin Razavi ist Ausbilderin und Küchenchefin im Restaurant Flora. Zwar steht auch Fleisch auf dem Speiseplan, allgemein sind die Gerichte aber gemüselastig. Der Anteil liegt bei rund 80 Prozent, schätzt die Gastronomin. Ihr Ziel: ein sättigendes nahrhaftes Menü, bei dem Fleisch nicht vermisst wird.

"Wir wollen Gemüse in den Fokus stellen und die Kunst, wie man mit Gemüse Gerichte kreiert, denen an nichts fehlt, weder an Geschmack, noch an Tiefe, noch an Umami."
Parvin Razavi, Ausbilderin Küchenchefin im Restaurant Flora

Deshalb vermeidet Parvin Razavi es in ihrem Restaurant, Gerichte zu veganisieren: Ob nun Schnitzel oder Rinderroulade. Für sie ist eine Küche mit Ersatzprodukten der falsche Ansatz.

Die Ausbildungsordnung des Wirtschaftsministeriums hat andere Ideen. Ihr zufolge sollen Azubis die traditionelle, österreichische Küche kochen – nur eben in vegan. Der Lehrplan ist seit Juli pünktlich zum Start der Ausbildung online und wurde an die Berufsschulen übermittelt.

Spielraum im Lehrplan

Ein weiterer Haken: Es ist nur ein Übergangslehrplan, er kann also später noch überarbeitet werden. Parvin Razavi wünscht sich mehr Klarheit.

"Woran müssen wir uns halten? Was müssen wir unserem Lehrling beibringen, damit er in der Schule nicht komplett lost ist? Welche Sicherheiten können wir dem Auszubildenden geben? Wo wird die Berufsschule sein? Welche Art von Prüfungen erwarten dich?"
Parvin Razavi, Ausbilderin und Küchenchefin im Restaurant Flora

Trotz der offenen Fragen: Parvin Razavi begrüßt die neue Ausbildung: Sie sei zeitgemäß und Österreich könne damit eine Vorreiterrolle einnehmen. In Deutschland gibt es keine vegetarische Kochausbildung. Deshalb hat die Industrie- und Handelskammer (IHK) eine Zusatzqualifikation eingeführt: Vegane und vegetarische Küche.

Wer sich nach der Ausbildung weiterbilden will, legt eine Prüfung ab. Die ist rein schriftlich, mit praxisbezogenen Aufgaben. So schreibt es die IHK Nürnberg für Mittelfranken auf Anfrage – die aktuell einzige IHK, die das anbietet. Martin Kaak-Wingeyer, Referent und Berater beim Verband der Köche, kritisiert die rein theoretische Prüfung.

"Damit führt man so ein bisschen die Betriebe hinters Licht, denn es ist nicht gewährleistet, dass der Koch oder die Köchin wirklich vegane Gerichte super zubereiten kann und das entsprechende Fachwissen hat."
Martin Kaak-Wingeyer, Referent und Berater beim Verband der Köche

Viele Azubis und auch die Lehrkräfte wissen oft nur wenig darüber, wie man vegan kocht. Und vor allem, wie einfach es sein kann: Das kann Kaak-Wingeyer beobachten, wenn er Workshops in Berufsschulen gibt.

"Die Resonanz war sehr positiv, weil viele diesen Aha-Moment hatten. Zum Beispiel bei Mousse au Chocolat hätten sie nicht vermutet, dass das vegan so schmecken kann und auch die Konsistenz hat."
Martin Kaak-Wingeyer, Referent und Berater beim Verband der Köche

Trotz solcher Projekte fehle ein Masterplan, um die Ausbildung zu reformieren. Nach rund 25 unveränderten Jahren gibt es seit 2022 einen neuen Lehrplan
für Koch-Azubis. Zum ersten Mal mit einem extra Modul, in dem es um die pflanzliche Küche geht.

Parvin Razavi stellt sich das so vor: eine gemeinsame Grundausbildung für alle Koch-Azubis. Nach den Basics könnten sie sich auf die vegan-vegetarische oder die fleischhaltige Küche spezialisieren. So gibt es das momentan allerdings weder in Österreich noch in Deutschland.