Long-Distance-FreundschaftWie bleiben wir uns trotzdem nah?

Die eine hasst Whatsapp, die andere Facetime – nicht ideal für eine Fernfreundschaft. Fiffi und Iffi erzählen, wie sie ihre Verbindung trotzdem stärken. Doch eignet sich jede Freundschaft für Long-Distance?

Iffi und Fiffi sind nicht ihre offiziellen Namen – es sind aber ihre richtigen Spitznamen. Die beiden Freundinnen nennen sich gegenseitig so.

Seit einer gefühlten Ewigkeit sind sie befreundet: seit 26 Jahren. Bereits ihre Mütter waren Freundinnen, und so wuchsen sie als Babys und Kleinkinder in diese Freundschaft hinein. Daher war es ein großer Bruch, als eine von ihnen entschied, zum Studieren in eine andere Stadt zu ziehen. Zwischendurch lebten beide wieder in ihrer Heimatstadt, doch vor rund einem Jahr ist Fiffi in die Schweiz ausgewandert. Seitdem wohnen die beiden 750 Kilometer voneinander entfernt.

Einen Plan für die Fernfreundschaft schmieden

Das Wegziehen haben die beiden nicht einfach so auf sich zukommen lassen – sie haben sich darauf vorbereitet. Dabei bemerkten sie, dass sie vor allem die kleinen Momente weiterhin miteinander teilen wollen: die vermeintlichen Belanglosigkeiten aus dem Alltag, eine Begegnung im Bus oder ein nerviger Termin beim Arzt.

"Wir haben uns hingesetzt und uns gefragt: Wie können wir unsere Freundschaft am Leben erhalten und worauf kommt es uns an?"
Fiffi, ist ausgewandert

Dass die beiden sich auf dem Laufenden halten wollten, stand für sie fest. Allerdings mochte die eine keine Whatsapp-Nachrichten und die andere kein Facetime. Was blieb ihnen also übrig? Nichts, außer ihre Abneigungen zu überwinden, meint Fiffi. "Ich bin jetzt eine Whatsapp-Maus und Iffi eine Facetime-Fee."

Treffen fest terminieren, wenn es beiden wichtig ist

Grundsätzlich, sagt Iffi, muss man sich in einer Long-Distance-Freundschaft mehr Mühe geben, weil man die andere eben nicht spontan besuchen kann, sondern neben dem übrigen Leben Zeit freischaufeln muss.

Die gute Nachricht Bisher haben die 750 Kilometer ihrer Freundschaft keinen Abbruch getan. Im Gegenteil, sagen beide.

"Ich finde, dass die Fernfreundschaft unsere Beziehung sogar intensiviert, eben weil man sich mehr Mühe geben muss."
Fiffi, ist ausgewandert

Ein wesentliches Element ihrer Freundschaft ist der intensive Austausch. Genau das sei auch der Clou bei Freundschaften, in denen wir nur selten etwas miteinander unternehmen können, sagt Dominik Krinninger. Der Kulturwissenschaftler erforscht, wie Freundschaften unser Leben prägen. "Wenn man nur selten etwas miteinander unternehmen kann, muss man sich anrufen oder einander schreiben", sagt er.

Intensiver Austausch ist wichtig

Mit anderen Worten: Fernfreund*innen kommen ums Kommunizieren nicht herum.

"Im Gespräch geht es nicht immer darum, Seelenstriptease zu machen. Manchmal reicht auch Klatsch und Tratsch. Aber eine mittlere Vertrauensebene braucht eine Freundschaft auf Distanz schon."
Dominik Krinninger, Kulturwissenschaftler

So gerne Iffi und Fiffi übers Smartphone kommunizieren, auf regelmäßige Treffen wollen sie trotzdem nicht verzichten. "Wir treffen uns mindestens einmal im Monat", erzählt Fiffi. Wer wen häufiger besucht, zählen sie nicht – wer gerade kann, macht sich auf den Weg. Hauptsache, die beiden sehen sich.

Iffi und Fiffi sind sehr committed und richten ihr Leben gezielt auf ihre Freundschaft aus. Das tun sie auch, weil sie mit ihrer Long-Distance-Freundschaft schon einmal auf die Nase gefallen sind: Damals wohnten beide in WGs, räumten ihrem eigenen Leben viel Platz ein und hatten ihre Freundschaft ein bisschen schleifen lassen.

Es gibt kein Patentrezept für anhaltende Freundschaft

Psychologin Linda Mitterweger ist selbst ausgewandert und berät Menschen, die in Fernbeziehungen sind. Sie empfiehlt, herauszufinden, was die Freundschaft ausmacht und braucht. "Jede Freundschaft ist anders", sagt die Psychologin. Manche Freundschaften leben davon, gemeinsam zum Yoga und Kaffeetrinken zu gehen. Bei anderen geht es darum, ganz persönlich und innig in den Austausch zu gehen.

"Es gibt Freundschaften, da hat man sich ein halbes Jahr nicht gesehen, nicht gehört – und trifft sich und alles ist wieder beim Alten."
Linda Mitterweger, Psychologin

Doch selbst, wenn wir vorher miteinander besprechen, was wir uns für die Fernfreundschaft wünschen und versuchen, auch über die Entfernung hinweg füreinander da zu sein: Eine Fernfreundschaft kann sich trotzdem auseinanderentwickeln, eben weil die Distanz groß ist. Zudem bringt ein Umzug immer Veränderungen mit sich.

Die Extrameile gehen – im wörtlichen und übertragenen Sinn

Andersherum ist es aber auch möglich, dass sich eine Freundschaft genau aufgrund der Entfernung intensiviert oder special wird, meint Linda Mitterweger. Eben weil wir uns die Mühe machen, einander zu besuchen und dann womöglich besondere Ausflüge machen. Oder aber weil wir besonders darauf achten, dem Freund oder der Freundin im Alltag eine Nachricht, ein Geschenk oder eine Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.

"Der grundlegende Vorteil ist, dass es ein großer Freundschaftsbeweis ist, wenn beide auch über die Distanz hinweg an der Freundschaft festhalten wollen."
Linda Mitterweger, Psychologin

Dass Iffi und Fiffi das genauso machen, überrascht kaum. Sie geben einander die Love Language (Konzept nach Gary Chapman), die das Gegenüber braucht. "Ich bin voller Liebe, und die kriegt meine Freundin auch", sagt Iffi. Wenn die beiden sich sehen, bereisen sie gemeinsam die Schweiz.

Doch in letzter Zeit passiert es ihnen immer öfter, auf der Couch zu versacken. "Dann daten wir uns noch mehr über Dinge up, die wir im Alltagsstress vergessen haben, einander zu erzählen." Eine Fernfreundschaft mit ganz viel Nähe eben.