Jimmy-Kimmel-AusSchafft Trump die Pressefreiheit ab?
Die Late-Night-Show von Jimmy Kimmel wurde nach seinen Äußerungen zu Charlie Kirk und der MAGA-Bewegung abgesetzt. Wie viel Meinungs- und Pressefreiheit verträgt politische Satire in den USA – und wohin steuert das Land in dieser Sache?
"Jimmy Kimmel Live" war eine der bekanntesten Late-Night-Shows in den USA. In seiner letzten Ausgabe, bevor Kimmel abgesetzt wurde, kritisiert er, dass wohl einige MAGA-Anhänger den Mord an Charlie Kirk jetzt schon für ihre politischen Zwecke instrumentalisieren, obwohl die politische Einstellung und das Motiv des Täters bislang unklar seien. Kimmel macht sich dann noch weiter lustig über Trump.
Besorgniserregendes Signal für die Pressefreiheit in den USA
"Ich war schockiert, das kannte ich bislang aus den USA noch nicht so", sagt Mika Beuster vom Deutschen Journalistenverband über die Absetzung der Show. Er sieht darin ein bedenkliches Signal für die Pressefreiheit in den USA. Schon die Einstellung von Stephen Colberts Show trotz guter Quoten habe angedeutet, dass kritische Stimmen gegenüber Trump und seiner MAGA-Bewegung zunehmend unter Druck geraten. Es sei erschreckend, dass so etwas im Land der Redefreiheit möglich ist.
Late-Night-Shows leben von Provokation, Zuspitzung und Spott – genau das müssen Präsidenten und ihre Entourage in einer Demokratie aushalten, so Mika Beuster. Satire und Journalismus hätten die Aufgabe, die Mächtigen kritisch zu begleiten, egal wer im Weißen Haus oder Kongress regiere.
Meinungsfreiheit unter Druck
Besorgniserregend sei, dass derzeit das Gegenteil passiere: Ausgerechnet jene, die lautstark fehlende Meinungsfreiheit beklagen, versuchen mit Gewaltandrohungen und Druck, andere Stimmen zum Schweigen zu bringen. Solche Entwicklungen kenne man eher aus Diktaturen und Autokratien, nicht aus den USA.
Ob Trump selbst oder der Sender hinter der Absetzung von Jimmy Kimmel steht, ist unklar. Unser USA-Korrespondent Jasper Barenberg hält beides für möglich: direkte Eingriffe aus Trumps Umfeld oder vorauseilender Gehorsam der Medien. Manche Sender hätten aus in der Vergangenheit teure Vergleiche geschlossen oder Programme beendet, um Konflikte mit der Regierung zu vermeiden.
"Medienunternehmen versuchen, irgendwie mit diesem Präsidenten umzugehen und sagen von sich aus, in diesem Streitfall schließen wir lieber einen Vergleich."
Im Fall Kimmel rückt die Federal Communications Commission (FCC) in den Fokus. Deren Chef Brandan Carr, von Trump ernannt, habe lauthals die Debatte angestoßen: Kimmels Kommentar sei untragbar, der Sender solle handeln, sonst stehe die Lizenz auf dem Spiel. Ob die Behörde überhaupt die rechtliche Kompetenz für solch einen Entzug hat, ist umstritten – traditionell liegen ihre Aufgaben eher im technischen Bereich.
Unter Trump hat sich die Rolle der FCC aber stark verändert, erklärt Jasper Barenberg. Die Behörde sei zunehmend politisiert und greife in Debatten weit über ihren Auftrag hinaus ein. Dass ihr Chef nun offen Druck auf einen Sender ausübt, sei außergewöhnlich und werfe ernste Fragen nach der Unabhängigkeit der US-Medien auf.
Trump droht auch anderen Shows
Auf seiner Plattform Truth Social droht Trump auch weiteren Late-Night-Hosts wie Jimmy Fallon und Stephen Meyers. Führt er einen Feldzug gegen freie Presse und kritische Stimmen in den USA? Jasper Barenberg sagt: Ja.
Die Liste von Trumps Angriffen auf Medien ist lang, führt er aus. Jüngst habe er eine Milliardenklage gegen die New York Times angestrengt, zuvor gegen das Wall Street Journal. Solche Klagen könnten im Ernstfall das wirtschaftliche Aus für Redaktionen bedeuten.
"Die Liste der Angriffe von Donald Trump auf unabhängige Medienunternehmen und einzelne Journalisten ist lang."
Hinzu kämen weitere Maßnahmen: etwa Ausschlüsse von Reporterinnen und Reportern aus dem Weißen Haus oder Einschränkungen bei Visa für ausländische Journalist*innen. All das zeige, dass Trump kritische Medien als Feinde des Volkes markiere – und gezielt bestrafe, wer nicht auf seiner Seite steht.
Der Angriff Trumps auf kritische Medien betrifft nicht nur US-Journalisten, sondern auch Deutsche. ZDF-US-Korrespondent Elmar Theveßen geriet nach dem Kirk-Attentat in die Kritik, weil er eine Aussage des Ermordeten unvollständig wiedergegeben hatte. Das ZDF bedauerte dies. Der ehemalige US-Botschafter in Deutschland will ihm nun offenbar die Arbeitserlaubnis für die USA entziehen.
Auch ausländische Journalist*innen im Fokus
Mika Beuster betont, dass Trump sehr genau beobachtet, wie Journalisten im Ausland über die USA und insbesondere über ihn berichten. Kritiker landen schnell auf seiner Abschussliste, sagt er. Die Arbeitsvisa sollen jetzt von fünf Jahren auf 240 Tage verkürzt werden. Das mag banal klingen, schränke Journalisten aber stark ein: Netzwerke aufzubauen und Kontakte zu pflegen, werde so extrem erschwert.
Zudem wirkt die Maßnahme einschüchternd, weil nach Ablauf der 240 Tage der Präsident die Verlängerung verweigern könnte, wenn ihm die Berichterstattung nicht gefällt, meint er. Das jetzt so profilierte und sachkundige Korrespondenten wie ZDF-US-Korrespondent Elmar Theveßen faktisch an der Arbeit gehindert werden, macht Mika Beuster fassungslos.
Viele fragten sich, ob Trump in den USA Schritt für Schritt die Pressefreiheit einschränkt. Besonders irritierend sei es, wenn US-Politiker wie Vizepräsident JD Vance auf der Münchener Sicherheitskonferenz über angeblich fehlende Meinungsfreiheit in Europa klagen – während im eigenen Land kritische Stimmen zunehmend unter Druck geraten. Mika Beuster findet, dass das kaum zusammenpasst.
Trump nutzt Kirks Tod, um Gegner unter Druck zu setzen
Charlie Kirks Ermordung gibt Donald Trump noch mehr Gelegenheit, um politische Gegner unter Druck zu setzen, so der Journalist. Trump spreche weiterhin vom inneren Feind und richte seine Maßnahmen gezielt gegen linke gesellschaftliche Gruppen, Parteien und Kritiker. Aus dem Weißen Haus heiße es, Listen sollen erstellt werden, um Widerspruch zu unterdrücken und die Opposition ein Jahr vor wichtigen Zwischenwahlen zu schwächen.
"Wer wird sich dem entgegenstellen? Das ist kein schönes Bild, wenn man sich das genauer anguckt."
Die Reaktionen darauf sind insgesamt nicht gut, sagt Mika Beuster. Positives Beispiel sei hier noch die New York Times, die sich nicht einschüchtern lassen wolle, und ihre Bereitschaft betone, weiter unabhängig zu berichten. Viele Unternehmen und Anwaltsfirmen hingegen würden aber nachgeben.
Sender wie ABC beispielsweise stellten das wirtschaftliche Überleben über ihr publizistisches Profil, sodass die Standards und der Widerstand gegen Druck zunehmend schwächer würden. "Ich sehe noch nicht, dass mehr Organisationen, Sender, Firmen sich sozusagen dagegenstellen, sodass die Standards hier immer weiter runtergefahren werden", befürchtet Mika Beuster.