Jugendwort des JahresJugendliche als Sprachpioniere

Das Jugendwort des Jahres rückt Jugendsprache einmal im Jahr in den Mittelpunkt. Viele Begriffe prägen mittlerweile unseren Alltag. Jugendsprache ist in gewisser Weise ein Motor für den Sprachwandel.

"Checkst du", "Das crazy" oder "Goonen" wird das Jugendwort des Jahres. Wie sehr sie sich im allgemeinen Sprachgebrauch durchsetzen, wird sich dann zeigen. Bestimmte Jugendwörter sind aber nicht mehr aus dem Alltag wegzudenken: "sus" oder "cringe" zum Beispiel.

"Jugendliche oder auch schon Kinder sind von Natur aus experimentierfreudig. Das heißt, sie probieren aus, sie testen Grenzen und das eben auch in der Sprache."
Roman Schneider, Linguist, Leibniz-Institut für Deutsche Sprache

Das ist krass

Jugendliche leisten mit ihrer Sprache eine gewisse Pionierarbeit, sagt Linguist Roman Schneider vom Leibniz-Institut für Deutsche Sprache. Sie treiben den Sprachwandel voran. Das zeigen unter anderem Wörter wie "cool" oder "krass".

Beides sind ursprünglich Jugendwörter und werden heute von vielen verwendet. Das Wort "krass" ist auch ein gutes Beispiel dafür, wie lange Jugendsprache uns schon begleitet. Schon vor langer Zeit hatten junge Menschen einen besonderen Sprachstil, so Roman Schneider.

In der Studentensprache im 18. und 19. Jahrhundert war mit "ein krasser Fuchs" ein unerfahrener Studierender gemeint, der neu an der Uni war. Übersetzt in die heutige Zeit würde "ein krasser Fuchs" zu "derber Anfänger" werden.

"Krass kam damals vom Lateinischen 'crassus', also grob oder derb. Heute ist das ein typisches Jugendwort mit einer teilweise ganz anderen Bedeutung", erklärt der Linguist. In unserem Sprachgebrauch kann das Wort – ähnlich wie damals – etwas Negatives ausdrücken, zum Beispiel wie entsetzt jemand ist. Es kann aber auch eine positive Bedeutung haben und etwa Bewunderung unterstreichen.

Jugendsprache: abgrenzen und verbinden

Jugendsprache habe mehrere Funktionen. Jugendliche können sich darüber abgrenzen, zum Beispiel von den Eltern. Gleichzeitig verbindet Jugendsprache und drückt eine gemeinsame Identität aus. Heute komme ein weiterer Zweck hinzu: schnelle digitale Kommunikation.

"Jugendsprache ist nicht nur Selbstzweck, sondern spiegelt zumindest in Teilen auch unsere Medienrealität."
Roman Schneider, Linguist, Leibniz-Institut für Deutsche Sprache

Abkürzungen wie "lol" (laughing out loud, laut lachen) sind mal als Reaktion auf eine begrenzte Zeichenzahl etwa bei damaligen Twitter-Nachrichten entstanden. Emojis oder Memes können in dem Kontext als eine Weiterentwicklung angesehen werden, die entstanden ist, weil auch die Technik vorangeschritten ist. Der Punkt ist hier, dass Sprache in der digitalen Vermittlung schnell sein muss, sagt Roman Schneider.

Spiegel der Realität von Jugendlichen

Jugendsprache hebt hervor, wie experimentierfreudig Jugendliche sind. Wie auf anderen Ebenen probieren sie sich auch in der Sprache aus und testen Grenzen. Dabei wird auch deutlich, welche Verbindungen es unter Jugendlichen gibt.

Wörter wie "nice" oder "chillen" kommen aus dem Englischen. Und arabische Begriffe wie "Wallah" für "Ich schwöre" und "Habibi" für einen Menschen, der einem nahesteht, geben Einblicke in die Lebensrealität von Jugendlichen. "Sie sitzen in der Schule vielleicht neben Freunden mit unterschiedlichen Migrationsgeschichten und sie schaffen sich eine Art Sprachlabor", so der Linguist. Manche der Wörter können sich dann auch langfristig durchsetzen.

Welches Jugendwort es dieses Jahr auf Platz eins schafft, wird am 18. Oktober auf der Frankfurter Buchmesse bekannt gegeben.