Landwirtschaft im AllMoon-Rice, Baby

Reis ist eine prima Sättigungsbeilage. Und wenn die Körner besser im Weltraum wüchsen, hätten Astronauten wenigstens ein bisschen frisches Futter. In Italien suchen Forschende nach der perfekten Sorte – und stellen den Reis dafür auf den Kopf.

Statt Lebensmittel von der Erde zu futtern, sollen Raumfahrende sich in Zukunft im besten Fall selbst versorgen: mit Reis zum Beispiel. Forschende versuchen Reisarten zu züchten, die besonders kompakt wachsen sowie ertrag- und proteinreich sind. Außerdem soll die fehlende Schwerkraft im Weltraum den Züchtungen nichts ausmachen.

Dafür arbeitet die italienische Weltraumagentur mit Universitäten in Rom, Mailand und Neapel zusammen, erklärt der Astrophysiker und Wissenschaftsjournalist Michael Büker. Gerade haben die Forschenden einen Zwischenstand der Arbeit für das Moon-Rice project veröffentlicht.

Ständig über Kopf: Reisforschung in Italien

Die Reispflanzen werden ständig über Kopf gedreht. Dadurch wirkt die Schwerkraft ständig aus einer anderen Richtung auf die Pflanze. Sie wird orientierungslos und kann nicht mehr feststellen, wo oben und unten ist. Das ist zwar nicht der Weltraum – aber immerhin eine Annäherung an die Bedingungen dort.

Hilfreich für die wissenschaftliche Arbeit ist, dass sich die Forschenden bereits zuvor mit dem Reisanbau und der Reiszüchtung beschäftigt haben. Beides hat in Italien eine lange Tradition.

"Pflanzliche Proteine sind im Weltraum besonders wichtig, denn es ist ausgeschlossen, tierische Produkte wie Milch oder Fleisch im All herzustellen."
Michael Büker, Astrophysiker und Wissenschaftsjournalist

"Das Ziel ist, möglichst kleine Reispflanzen zu züchten, die sich dafür eignen, in Weltraum-Außenposten angebaut zu werden", sagt Michael Büker. Die Pflanzen sollen beispielsweise auf der real existierenden Internationalen Raumstation ISS und einer vielleicht künftig existierenden Forschungsstation auf dem Mond wachsen und gedeihen können.

Reis hat handfeste Vorteile für den Anbau im Weltraum: einen besonders hohen Nährwert zum Beispiel. Außerdem gibt es bereits heute viel Erfahrung damit, Reispflanzen durch gezielte genetische Veränderungen an widrige Bedingungen anzupassen.

Reis, die Weltraumpflanze

Aus physikalischer Sicht ist es außerdem wichtig, dass Pflanzen für den Anbau im Weltraum möglichst wenig Volumen einnehmen, sagt der Wissenschaftsjournalist. Der Platz in Raumschiffen und auf Raumstationen ist immer sehr knapp. "In dieser Hinsicht scheint mir Reis auch geeigneter als andere Grundnahrungsmittelpflanzen wie Weizen, Mais oder Kartoffeln", sagt Michael Büker.

Tatsächlich besteht die Astronauten-Nahrung der Gegenwart in der Regel aus gekochten und abgepackten Gerichten, die zum Essen aufgewärmt werden. Zwar werden auch alle paar Monate etwas frisches Obst oder Gemüse geliefert, das ist dann allerdings zum sofortigen Verzehr, wegen der kurzen Haltbarkeit. Die Anlieferung hat auch den Nachteil, dass der Nährwert und der Vitamingehalt der Gerichte eher gering ist – verglichen mit frischen Lebensmitteln jedenfalls.

"Jedes Kilogramm Nahrung, das von der Erde transportiert werden muss, verursacht großen Aufwand und hohe Kosten."
Michael Büker, Astrophysiker und Wissenschaftsjournalist

Auch für die Psyche ist es hilfreich, wenn man in der isolierten und anstrengenden Arbeitsumgebung im All ab und zu etwas Frisches zu essen hat, sagt Michael Büker. Auch dieser Umstand spricht also für den Reisanbau im All.

Schwerelosigkeit hat kaum Auswirkungen auf Pflanzensamen

Schon vor Jahrzehnten gab es die allerersten Experimente in dieser Richtung. Pflanzensamen sind mit Raumschiffen bereits ins All geflogen und danach auf der Erde eingepflanzt worden. Dabei stellte sich heraus, dass die Schwerelosigkeit kaum Auswirkungen auf Pflanzensamen hat und dass im Wesentlichen ganz normale Pflanzen daraus wachsen können.

Seit einigen Jahren werden auf der Internationalen Raumstation und auch auf der chinesischen Raumstation Nutzpflanzen angebaut – auf der ISS gibt es dafür ein kleines Versuchsgewächshaus namens Veggie. Dort wurden schon Blumen, Kohl und auch Salat angebaut und sogar direkt auf der Station gegessen, berichtet Michael Büker. Allerdings war die Ernte nie größer als ein kleiner Haps pro Person.

Info: Unser Bild zeigt ein Reiskorn, das mit der chinesischen Sonde Chang’e 5 zum Mond reiste und am 26. Februar 2021 an der South China Agricultural University in Guangzhou eingepflanzt wurde. Einmal Mond und zurück.