PerfektionismusWarum das Streben nach dem Besten schaden kann
Perfektionismus gilt als erstrebenswert. Dabei steht er mit vielen psychischen Störungen in Zusammenhang und kann ungesund sein. Was tun? Ein Vortrag der Klinischen Psychologin und Psychotherapeutin Barbara Cludius.
Ansprüche an sich selbst zu stellen, ist erst mal keine schlechte Idee. Sie dürfen auch ruhig hoch sein. Aus uns das Beste rausholen und ausschöpfen zu wollen, was in uns steckt, kann eine Form von Selbstfürsorge sein, uns pushen und unser Wohlbefinden steigern, sagt Barbara Cludius.
"Die Optimierung und der Wunsch, das eigene Potential auszuschöpfen, kann fürsorglich sein, kann etwas sein, was mir total guttut und mich voranbringt."
Sie ist Professorin für Klinische Psychologie und Psychotherapie des Erwachsenenalters an der Uni Bremen und erforscht Perfektionismus. Der hat ja eigentlich ein ganz gutes Image. Allerdings: Wenn die Ansprüche an uns zu hoch oder sogar unrealistisch sind, dann kommen wir in potentiell ungesundes Fahrwasser, erklärt sie in ihrem Vortrag.
Perfektionismus ist ungesund
Diese Form von Perfektionismus geht einher mit dem Drang nach Vollkommenheit, mit Selbstzweifeln, mit der Angst vor Fehlern und dem Verlust sozialer Anerkennung, so Barbara Cludius. Das führt dazu, dass Betroffene sich weniger wohlfühlen, ihre Lebensqualität reduziert ist und sie anfälliger sind für psychische Störungen.
"Depression und Zwangsstörungen, Angststörungen und Essstörungen – alle diese Störungen hängen mit Perfektionismus zusammen."
Die Psychologin stellt Studien vor, die zeigen, dass perfektionistisches Verhalten sogar eng mit Störungen wie Depression, Angst- oder Essstörungen verknüpft ist.
Unklar ist dabei noch, was der Zusammenhang bedeutet – also ob Perfektionismus zu diesen Störungen führt, ob er eine Konsequenz der Störungen ist oder ob beides zutrifft. Klar ist aber: Er geht Hand in Hand mit psychischen Problemen.
"Aus klinisch-psychologischer Sicht ist das schädlich, weil das zu Symptomen psychischer Störungen führen könnte, auf jeden Fall mit diesen zusammenhängt."
Wo hört gesundes Leistungsstreben auf und wo beginnt ungesunder Perfektionismus? Wie kann das Streben nach dem Besten zum Risikofaktor für psychische Erkrankungen werden? Das erklärt Barbara Cludius in ihrem Vortrag und bietet ein Alternativkonzept an, das Selbstoptimierung in gesundem Maße beschreibt: Exzellenzismus.
Und mehr: Sie stellt psychotherapeutische Ansätze vor, die erwiesenermaßen dabei helfen, gesünder mit eigenen Ansprüchen umzugehen, und stellt ganz konkrete Übungen vor, die wir machen können.
"Ein flexiblerer Umgang mit den eigenen Zielen führt nicht nur zu besseren Leistungen, sondern auch zu mehr Wohlbefinden und psychischer Gesundheit."
Barbara Cludius ist Professorin für Klinische Psychologie und Psychotherapie des Erwachsenenalters an der Uni Bremen. Aufgenommen wurde ihr Vortrag "Perfektionismus – Wenn das Streben nach dem Optimum zur Belastung wird" am 4. November 2025 im Rahmen der Vortragsreihe "Selbstoptimierung. Zwischen Fürsorge und Zwang" des Studium Generale der Uni Mainz.
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Hörtipp: Deutschlandfunk-Podcast Tatort Kunst