Soziale MedienWir brauchen gemeinsame Öffentlichkeiten
Viele Menschen fühlen sich von klassischen Nachrichtenmedien nicht mehr angesprochen. Der Journalismus steht deshalb unter Druck, sich der Logik von sozialen Medien anzupassen. Ein Vortrag des Medienwissenschaftlers Pascal Schneiders.
Lange Zeit hat die klassische Presse, haben Zeitungen und später Radiosender und Fernsehstationen Menschen mit Nachrichten versorgt. Sie haben darüber informiert, was gerade in der Welt passiert und eine gemeinsame Öffentlichkeit geschaffen. Eine Grundlage, um über dieselben Dinge reden und diskutieren zu können.
"Heute fällt es vor allem jüngeren Gruppen schwer, die Relevanz in journalistischen Produkten zu erkennen. Vielleicht gelingt die Ansprache nicht mehr so gut."
Spätestens seit es die sogenannten soziale Medien gibt, ist diese Art der Informationsverbreitung unter Druck geraten. Viele junge Menschen fühlen sich von klassischen Nachrichteninhalten nicht mehr angesprochen, sagt Pascal Schneiders. Er ist Medienwissenschaftler und forscht über den Einfluss von Plattformen auf den Journalismus.
"Plattformen zielen auf ein zufriedenzustellendes Publikum ab oder auf zufriedenzustellende Konsument*innen. Nachrichtenmedien zielen eher auf ein Publikum ab, das sie informieren möchten."
In seinem Vortrag erklärt Pascal Schneiders, dass Plattformen einer völlig anderen Logik folgen als journalistische Nachrichtenredaktionen. Das Ziel von Plattformen sei es, die Nutzer*innen zufriedenzustellen, journalistische Medien hingegen wollen Menschen informieren.
Um mehr Menschen zu erreichen, versuchen Nachrichtenredaktionen, ihre Inhalte auch über Soziale Medien zu verbreiten. Damit, so die Hoffnung, ließen sich Menschen erreichen, die sonst vielleicht gar keine Nachrichten lesen würden.
Individualisierte Inhalte
Doch diese Hoffnung geht nicht unbedingt auf, sagt Pascal Schneiders. Denn die individualisierten Algorithmen sozialer Medien führen dazu, dass Nachrichteninhalte selten angezeigt werden und dass alle Nutzer*innen sehr individuelle, auf sie persönlich abgestimmte Inhalte präsentiert bekommen.
"Gelingt es eigentlich noch, gemeinsame Themenöffentlichkeiten herzustellen? Gelingt es, dass wir uns alle über die gleichen Dinge austauschen und unterhalten können?"
Dadurch können informierender Nachrichtenmedien eine ihrer entscheidenden Aufgabe schwieriger erfüllen: eine gemeinsame Öffentlichkeit zu schaffen, eine Informationsgrundlage dafür, dass wir uns gemeinsam über die gleiche Inhalte unterhalten und verständigen können. Das, so Pascal Schneiders, aber brauchen wir in einer demokratischen Gesellschaft.
Pascal Schneiders ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Publizistik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Sein Vortrag hat den Titel "Die Plattformisierung der Öffentlichkeit". Er hat ihn am 3. Juni 2025 im Rahmen der Ringvorlesung "Medien & Gesellschaft im Wandel" in Mainz gehalten. Organisiert hat die Vorlesungsreihe das Institut für Publizistik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.