Digital DetoxWas Smartphone-Verzicht mit uns macht
Viele versuchen im Alltag, auf ihr Smartphone zu verzichten. Zumindest hin und wieder. Aber geht es uns durch die digitale Abstinenz tatsächlich besser? Ein Vortrag des Medienpsychologen Leonard Reinecke.
Wenn wir im Alltag unsere Smartphone-Nutzung reduzieren, erhoffen wir uns unter anderem, in Offline-Situationen präsenter zu sein. Oder auch konzentrierter und produktiver zu sein. Wir wollen uns weniger gestresst fühlen und insgesamt unser Wohlbefinden steigern. Aber funktioniert das?
"Digitaler Stress wird ganz stark von sozialem Druck getrieben. Von dem Gefühl ständig erreichbar sein zu müssen, um sozialen Erwartungen zu entsprechen."
Um dieser Frage nachzugehen, beschreibt der Medienpsychologe Leonard Reinecke in seinem Vortrag zunächst, welche psychologischen Folgen unsere Smartphone-Nutzung hat.
Die ständigen Anforderungen aus dem digitalen Raum führten zu digitalem Stress. Wir sind sozusagen mit einer Gehirnhälfte immer damit beschäftigt, was online gerade passiert, erklärt der Psychologe. Deswegen hätten wir das Bedürfnis, dauernd unser Smartphone zu checken.
Die Versprechen der Digital-Detox-Industrie
Um den Dauer-Konsum in den Griff zu bekommen, setzen manche auf Digital Detox: das bewusste Reduzieren der Smartphone-Nutzung.
Mittlerweile gibt es eine ganze Industrie, die verspricht, mit Digital Detox das psychologische Wohlbefinden zu erhöhen, sagt Leonard Reinecke. Doch in Studien lasse sich nicht eindeutig zeigen, dass der Verzicht auch zu einem höheren Maß an Wohlbefinden führe.
Gleichgewicht: Virtuelle Verbundenheit, ohne digitalen Stress
Denn die digitale Verbundenheit sei auch eine Ressource, sagt der Psychologe. Wir sind durch unser Smartphone mit unseren Freund*innen und unseren Familien verbunden. Durch den Verzicht entstehen andere Stressgefühle, wie zum Beispiel die "Fear of Missing Out" (FOMO). Sie beschreibt die Angst, ein wichtiges Ereignis oder eine wichtige Erfahrung zu verpassen.
"Wie gelingt es uns im Alltag, die positiven Erträge von verbunden sein durch digitale Medien ins Gleichgewicht zu bringen mit der Notwendigkeit, sich auch mal aus dem digitalen Raum zurückzuziehen?"
Leonard Reinecke ist Psychologe und Professor für Medienwirkung und Medienpsychologie an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Sein Vortrag "Digital Disconnection" basiert auf der Forschung seiner Kollegin Alicia Gilbert sowie von Julius Klingelhoefer. Leonard Reinecke hielt seinen Vortrag im Rahmen der Ringvorlesung Medien & Gesellschaft im Wandel am Institut für Publizistik der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz.