Waffenruhe in GazaViel Leid und große Sorgen

Trotz Waffenruhe bleibt das Leben in Gaza gefährlich. Laut Berichten demonstriert die Hamas wieder ihre Macht und führt öffentliche Exekutionen durch. Wird ihre Entwaffnung gelingen? Arzt Joe Simpson erzählt, wie er inmitten des Chaos versucht zu helfen.

Joe Simpson ist Arzt aus London. Er ist schon zum sechsten Mal für die deutsche Hilfsorganisation Cadus im Gazastreifen und arbeitet in einem Feldkrankenhaus. Er kümmert sich dort um Verletzte, aber auch um Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck, die während des Kriegs nicht behandelt wurden.

"Seit dem Waffenstillstand gibt es zum Glück viel weniger neue Traumata, also weniger Verletzungen durch Explosionen oder Schusswunden."
Joe Simpson, Arzt

Doch viele Medikamente sind nicht verfügbar, sodass der Arzt nur die dringendsten Fälle versorgen kann. Es mangele an Ausrüstung und an Hygiene, berichtet er. Menschen bekämen unnötige Infektionen, weil die Lage so schlecht sei. Und nötige Operationen könnten nicht durchgeführt werden, weil es zu wenig Geräte und Chirurgen für die Verletzten gäbe.

"Einige Mitarbeiter in Gaza haben gesagt, dass wirklich jeder hier traumatisiert ist. Und ich denke, das lässt sich kaum bestreiten."
Joe Simpson, Arzt im Gazastreifen

Nach zwei Jahren Krieg hat wohl fast jeder im Gazastreifen traumatische Erlebnisse hinter sich, meint Joe Simpson. Das Leben in den Zelten, der Nahrungsmangel und die vielen Angriffe hätten die Menschen gezeichnet.

Humanitäre Hilfe nun dringend nötig

Aus gesundheitlicher Sicht müsse nun dringend eine riesige Menge an humanitärer Hilfe in das Land kommen, sagt er.

"Auch nach dem Waffenstillstand verbringt die überwiegende Mehrheit der Menschen ihre Tage damit, ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen: Sie suchen nach Nahrung, nach Wasser, nach einer angemessenen Unterkunft."
Joe Simpson, Arzt im Gazastreifen

DLF-Korrespondent Julio Segador sieht im Gazastreifen vor allem eine Menge Zerstörung: "Da liegen 55 Millionen Tonnen Schutt", sagt er. Fast 80 Prozent aller Gebäude sind zerstört. Der Grenzübergang Rafah zwischen dem Gazastreifen und Ägypten sei immer noch nicht für Hilfslieferungen geöffnet worden.

"Die Entwaffnung der Hamas, die Entmilitarisierung des Gazastreifens: Das sind alles ungelöste Punkte, die jetzt anstehen in Phase zwei."
Julio Segador, DLF-Korrespondent in Tel Aviv

Die Entwaffnung der Terrororganisation Hamas könnte einer der Knackpunkte im ausgehandelten Friedensplan werden, sagt der Korrespondent, da sie auch zuletzt wieder ihre Macht demonstriert und mehrere Palästinenser – angebliche Kollaborateure – öffentlich hingerichtet hat.

Unklar ist auch, wie genau die internationale Schutztruppe aussehen soll, die nach dem Rückzug der israelischen Armee die Sicherheit garantiert. Die Menschen im Gazastreifen, meint Julio Segador, wollen einfach ein Ende der Kämpfe, und sie wollen schlicht überleben.