Zehn Jahre "Wir schaffen das"Viele Geflüchtete sind in den Arbeitsmarkt integriert
2015 kamen hunderttausende Geflüchtete nach Deutschland. Jetzt zeigt eine neue Veröffentlichung, wie gut sie nach zehn Jahren in den Arbeitsmarkt integriert sind. Das Ergebnis: gar nicht so schlecht.
Im Jahr 2015 suchten hunderttausende Menschen Schutz in Deutschland. Ein großer Teil waren etwa Menschen, die vor dem Bürgerkrieg in Syrien flüchteten. Im Zusammenhang mit der Ankunft von so vielen Menschen gab es Demonstrationen und Diskussionen. Und besonders ein Satz – von vielen auch sehr kritisch betrachtet – prägte diese Zeit. Die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte Ende August auf ihrer Sommerpressekonferenz: "Ich sage ganz einfach: Deutschland ist ein starkes Land. Das Motiv, mit dem wir an diese Dinge herangehen, muss sein: Wir haben so vieles geschafft – wir schaffen das!"
Jetzt, zehn Jahre später hat das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), eine Einrichtung der Bundesagentur für Arbeit, Zahlen dazu veröffentlicht, inwiefern die geflüchteten Menschen inzwischen eine Arbeit haben oder nicht. Und das Ergebnis ist: Ein großer Teil von ihnen hat eine Arbeit.
"Wir haben in unserer Studie herausgefunden, dass knapp zehn Jahre nach dem Zuzug 64 Prozent der Geflüchteten, die 2015 nach Deutschland gekommen sind, abhängig beschäftigt sind."
Demnach haben 64 Prozent der 18-64-Jährigen, die 2015 nach Deutschland gekommen sind, heute eine Anstellung. Das heißt, sie sind abhängig beschäftigt, sagt Philipp Jaschke, einer der Studienautoren vom IAB. "Wenn man das vergleicht mit der Beschäftigtenquote der Gesamtbevölkerung in Deutschland im Alter von 18 bis 64, haben die Geflüchteten das nach knapp zehn Jahren fast erreicht. Also die Quote liegt in Gesamtdeutschland bei 70 Prozent", so Philipp Jaschke.
Zahlen können als Erfolg gewertet werden
Philipp Jaschke findet, man kann diese Zahlen durchaus als Erfolg werten – vor allem deswegen, weil Geflüchtete mit einer schwierigen Ausgangssituation starten. Sie haben eine Flucht und zum Teil traumatische Erlebnisse hinter sich und es gibt sprachliche Hürden. Der Arbeitsmarktforscher sagt: "Also vor diesem Hintergrund war das nicht unbedingt zu erwarten, dass das so verläuft, dass nach knapp zehn Jahren knapp zwei Drittel in Beschäftigung sind."
"Sie sind ja vor Krieg, Verfolgung und Zwangsrekrutierung geflohen, haben vor, aber auch während der Flucht traumatische Erfahrungen gemacht, haben also sehr schwierige Ausgangsbedingungen."
Die Autor*innen der Studie haben vor allem Zahlen von der Bundesagentur für Arbeit ausgewertet und somit Informationen über Anstellungen erhalten. Zu diesen 64 Prozent kommen jedoch auch noch Menschen, die selbstständig arbeiten. "Wenn man da auch noch Selbstständige hinzuzieht, dann kommen nochmal ungefähr fünf Punkte drauf, das heißt, da sind wir bei so ungefähr 70 Prozent der 2015 Zugezogenen, die erwerbstätig sind", so Philipp Jaschke.
Geringer Verdienst
Allerdings zeigen die Zahlen auch, dass die Zugezogenen im Durchschnitt viel weniger verdienen als der Rest der Bevölkerung. Philipp Jaschke sagt, ein Grund liege darin, dass die Anerkennung von beruflichen Qualifikationen aus den Heimatländern schwierig bis unmöglich ist, weil die Ausbildungswege zu unterschiedlich sind. Und wenn es möglich ist, erfordere das viel Bürokratie und koste auch Geld.
Und noch ein Punkt ist auffällig: Insgesamt sind es viel weniger Frauen, die eine Arbeit haben. Philipp Jaschke sagt, das habe verschiedene Gründe. Einer sei die mangelnde Kinderbetreuung. Diese verhindere es nicht nur, dass geflüchtete Frauen eine Arbeit aufnehmen könnten, sondern führe auch dazu, dass sie länger brauchen, um etwa Integrations- oder Sprachkurse abzuschließen.