Kritik an AktienhandelInfluencer kaufen die gleichen Aktien wie US-Politiker und machen hohe Gewinne

Einige Kongressabgeordnete in den USA sind erfolgreiche Aktienhändler. Die meisten US-Bürger fordern: Dass Politiker überhaupt Aktien einzelner Unternehmen kaufen dürfen, sollte verboten werden.

In den USA ist öffentlich, welche Aktien US-Kongressabgeordnete besitzen. Das gilt nicht nur für sie selbst, sondern auch für ihre Angehörigen. Ein paar Finanz-Influencer haben in den vergangenen Monaten etwas ausprobiert: Sie haben diese Portfolios nachgekauft, also Aktien derselben Unternehmen erworben wie die Abgeordneten. Und tatsächlich war der Gewinn durch diese Aktienkäufe auffällig hoch.

Ob die Influencer*innen mit dem Kopieren der Portfolios eine politische Debatte anstoßen wollten, ist nicht bekannt. Ein Influencer sagt gegenüber dem US-Radiosender NPR (National Public Radio): Mir geht es hier nicht um Links gegen Rechts. Ich will einfach nur Geld verdienen.

"Insider-Handel ist schwer zu belegen."
Florian Mayer, ARD-Korrespondent für die USA

Jenseits der Influencer*innen-Aktion gibt es diese Debatte auch schon länger. Der ARD-Korrespondent für die USA Florian Mayer sagt: 70 Prozent der US-Bürger befürworten, dass der Aktienhandel für US-Abgeordnete komplett verboten wird.

Eine mögliche Begründung: Die Portfolios der US-Politiker sind deshalb so erfolgreich, weil sie entweder über Wissen verfügen, das andere nicht haben, oder noch schlimmer: weil sie Politik machen, die genau den Unternehmen zugute kommt, deren Aktien sie besitzen.

Forderung in den USA: Verbot von Aktienhandel für Abgeordnete

Komplett ausräumen lässt sich diese Kritik nicht, doch sie ist schwer zu belegen, sagt der Jura-Professor Jeremy R. Paul von der Northeastern University in Boston. Denn: Viele Ausschuss-Sitzungen sind öffentlich, Gesetzgebungsverfahren ebenfalls.

Anhand der verfügbaren Informationen ließe sich gut abschätzen, welche Auswirkungen Gesetze langfristig haben. Es sei also weitgehend bekannt, wenn bestimmte Gesetze bestimmten Unternehmen besonders nützen, sodass dann entsprechend Kritik geäußert werden kann. "Da ist es schwer zu sagen, das sei Insider-Handel", sagt der Korrespondent Florian Mayer.

Was den US-Abgeordneten bei ihren Aktien-Käufen tatsächlich nützen könnte, sind gute Kontakte zu Unternehmen. Das hätte aber nichts oder nur indirekt mit der Kongressarbeit zu tun.

"Vertrauenswürdigkeit leidet"

Bisher ist es US-Abgeordneten also nicht verboten, Aktien zu kaufen. Unabhängig davon, ob sich ein Verbot gut begründen ließe oder nicht: "Die Vertrauenswürdigkeit der Politikerinnen und Politiker und der Institution US-Kongress leidet darunter", sagt Florian Mayer.

Auch die beliebtesten Kommentare unter diesem Tiktok-Video gehen in diese Richtung. Hier heißt es: "When you do insider trading, you go to jail. When Congress does it, they make millions." Oder: "Politicians shouldn't be allowed to buy or own any form of stock."

Alexandria Ocasio-Cortez, Mitglied des Repräsentantenhauses, sagt: Es sei nicht nachvollziehbar, dass Kongressmitglieder während ihrer Amtszeit Einzelaktien halten und handeln können. Den Erwerb von Indexfonds oder ETFs hält sie für vertretbar. Auch der Jura-Professor Jeremy Paul fordert, den individuellen Aktienhandel für Politiker und deren Familien zu verbieten.

"Wir sollten nicht die Möglichkeit haben, Aktien einzelner Unternehmen zu kaufen."

Eine Politikerin steht in Sachen Aktienhandel besonders im Fokus: Nancy Pelosi, die Sprecherin des Repräsentantenhauses. Ihr und ihrem Ehemann wird seit Längerem Insider-Handel vorgeworfen. Ihr Sprecher entgegnet dem, die Vorwürfe würden weitestgehend auf Falschinformationen basieren.

Um diesen entgegen zu wirken, hat Pelosis Ehemann Paul Pelosi am Dienstag (26. Juli) mit Verlust Aktien des Hardware-Produzenten Nvidia im Wert von rund vier Millionen Euro verkauft – und zwar bevor bekannt wurde, dass die US-Politik ein Gesetz verabschieden wird, die Halbleiterfertigung mit 54 Milliarden US-Dollar zu fördern. Nvidia könnte davon profitieren und der Aktienkurs dementsprechend steigen. Hätte Pelosi nicht vorher verkauft, hätte auch er profitiert.

Top-Trader im US-Kongress

Vielen gilt Pelosi als eine Art Orakel, was den Erfolg von Aktien angeht. Manche fordern sogar einen Pelosi-Fonds – also ein Aktienportfolio, das immer genau die Aktien enthält, die Nancy Pelosi beziehungsweise ihr Ehemann kauft.

Wer den Aktienhandel von Kongressmitgliedern kopieren möchte, um damit Geld zu verdienen, orientiert sich aber besser an anderen Personen: Fünf republikanische Abgeordnete sind an der Börse nämlich noch erfolgreicher als die Demokratin Pelosi und ihr Ehemann.