Hochrechnungen und AnalysenBundestagswahl: Welche Partei vorne liegt und was das für die Regierungsbildung bedeutet

Mit Spannung verfolgen wir die Ergebnisse der Bundestagswahl. Wir schauen auf die Hochrechnungen und ordnen die Daten mit der Politikwissenschaftlerin Svenja Krauss ein.

Aktuellen Zahlen und Analysen liefert unser Schwesterprogramm Deutschlandfunk. Danach liegen nach der Hochrechnung 21:15 Uhr folgende Parteien vorne:

  • SPD 26,0 Prozent
  • CDU 24,5 Prozent
  • Grüne 13,9 Prozent
  • FDP 11,7 Prozent
  • AfD 10,5 Prozent
  • Linke 5,0 Prozent
"Unser Parteiensystem wird fragmentierter. Wir haben nicht mehr die zwei großen Parteien, die zusammen 70 oder 80 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen können."
Svenja Krauss, Politikwissenschaftlerin

Union und SPD kommen derzeit nur noch auf gut 50 Prozent der Stimmen. Für die Politikwissenschaftlerin Svenja Krauss ist das ein Zeichen dafür, dass unser Parteiensystem fragmentierter ist als vor einigen Jahren.

Daneben gibt es kleinere Parteien, die aber in den vergangenen Jahren Zulauf erfahren haben. Das zusammen, große Parteien mit weniger Stimmenanteil, kleinere Parteien mit wachsenden Stimmenanteilen, werde in Zukunft so bleiben. Es könnten sogar noch mehr Parteien werden, die in den Bundestag einziehen.

"Wir sind weit davon entfernt, dass wir ein Zwei- oder Drei-Parteiensystem haben, wie das noch in den 70er oder 80er Jahren es der Fall war."
Svenja Krauss, Politikwissenschaftlerin

Diese kleinen Parteien kommen unter "Sonstige" zusammen auf über 8 Prozent. Svenja Krauss glaubt, dass in Zukunft solche kleinen Parteien aus diesem "Sonstigen-Kreis" sich herausentwickeln und die Fünf-Prozent-Hürde packen könnten. Die Freien Wähler zum Beispiel seien bei Umfrage auf 3 bis 4 Prozent gekommen.

Mit Blick auf die scheidende Bundeskanzlerin glaubt Svenja Krauss, dass sie noch ein paar Wochen die Geschäfte führen muss.

"Ich denke, bis Weihnachten ist Angela Merkel auf jeden Fall noch Kanzlerin."
Svenja Krauss, Politikwissenschaftlerin

Nach der letzten Wahl hat es länger als fünf Monate gedauert, bis die Regierungsbildung abgeschlossen war. "Dieses Mal wird es nicht leichter", sagt die Politikwissenschaftlerin. Zunächst müssten die Koalitionsmöglichkeiten ausgelotet werden.

Koalitionsmöglichkeiten

Kenia: Rot-Schwarz-Grün käme aktuell auf 70,1 Prozent. Diese Koalition ist relativ unwahrscheinlich, weil die Grünen in dieser Koalition gar nicht wirklich gebraucht würden. "Klar, niemand will die Groko haben. Aber die Groko plus die Grünen macht für keine der Parteien Sinn", sagt Svenja Krauss.

Ampel: Rot-Gelb-Grün käme derzeit auf 55 Prozent der Sitze im Bundestag. Das sei eine Möglichkeit, sagt die Politikwissenschaftlerin. "Ich glaube aber, dass sich die FDP nicht dabei wohlfühlen würde", sagt Svenja Krauss. Die FDP müsste mit zwei linken Parteien koalieren und wäre dabei auch nur drittstärkste Partei.

"SPD und CDU tun sich keinen Gefallen damit, die Groko neu aufzulegen."
Svenja Krauss, Politikwissenschaftlerin

Groko: Rot-Schwarz käme derzeit auf 54 Prozent der Stimmen. "SPD und CDU würden sich keinen Gefallen damit tun", sagt Svenja Krauss. Selbst wenn die SPD die Groko führen würde, hat das wenig Aussicht auf Erfolg. "Das wäre quasi Selbstmord für die beiden großen Parteien", sagt die Politikwissenschaftlerin.

Jamaika: Union, Grüne, FDP ist nach wie vor eine Möglichkeit. Svenja Krauss glaubt, dass die Grünen eher eine Ampel vorziehen würden, während die FDP eher zu Jamaika tendiere. Letztlich würde das auch vom Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen SPD und der Union abhängen.

Rot-Grün-Rot: Diese Koalitionsmöglichkeit hängt gerade davon ab, auf wie viele Stimmen die Linke kommt. Aktuell hat diese Option keine Mehrheit, sagt die Politikwissenschaftlerin. Noch gibt es Spielraum, sagt Svenja Krauss, da die Hochrechnungen noch sehr ungenau seien. Es könnte eine Option werden. Für die Verhandlungsmacht der SPD sei es sehr wichtig, dass es diese Option gibt.