FrauenrechteAfghanistan: Wenn du als Frau eigentlich nichts mehr darfst
Keine Bildung, keine Zukunft: Seit die Taliban 2021 die Macht in Afghanistan zurückerobert haben, schränken sie systematisch die Rechte von Frauen ein. Wie die von Fatima. Die 18-Jährige hatte mal Träume. Inzwischen sitzt sie fast nur noch zu Hause.
Am 15. August 2021 haben die Taliban die afghanische Hauptstadt Kabul zurückerobert. Seitdem beherrschen sie das Land. Und die Absicht des Westens mit internationalen Truppen den Terrorismus zu bekämpfen und eine Demokratie im Land zu formen, darf spätestens seit diesem Zeitpunkt als gescheitert gelten.
Der Talibanführer Hibatullah Achundsada und der oberste Richter Abdul Hakim Haqqani werden seit Januar 2025 vom Gerichtshof für Menschenrechte wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gesucht – insbesondere gegen Frauen und Mädchen. Denn Widerstand begegnen die islamistischen Herrscher mit brutaler Gewalt.
"Für Frauen ist es immer ein hohes Risiko, wenn sie vor die Tür gehen, weil diese Regeln willkürlich umgesetzt werden."
Statt Menschenrechten gilt nun in Afghanistan islamisches Recht, wie es die Taliban auslegen. Insbesondere Frauen und Mädchen werden massiv benachteiligt und sozial ausgegrenzt. Aktuell dürfen Mädchen nur bis zur sechsten Klasse in die Schule gehen. Danach steht ihnen nur eine Medrese offen, also eine Koranschule.
Die Zahl der Koranschulen im Land hat sich in den letzten vier Jahren etwa vervierfacht. Auf dem Lehrplan stehen der Koran und die Scharia, also das islamische Rechtssystem.
Regieren mit Dekreten
Rund 100 Dekrete, die gezielt die Rechte von Frauen einschränken, haben die Taliban laut den Vereinten Nationen seit der Machtübernahme erlassen. Frauen dürfen nicht öffentlich sprechen, nicht öffentlich singen und sie müssen sich verhüllen. Auch der Zugang zu medizinischer Versorgung ist schwieriger geworden.
Denn Frauen dürfen oft nur von weiblichem Personal behandelt werden. Das darf aber kaum noch arbeiten. 2024 ist außerdem ein sogenanntes Tugendgesetz erlassen worden.
Franziska Amler ist ARD-Korrespondentin für Südasien mit Sitz in Neu-Delhi. Afghanistan gehört zu ihrem Berichtsgebiet. Franziska Amler und ihr Team arbeiten mit afghanischen Kolleg*innen zusammen, die vor Ort Kontakte herstellen und Interviews führen.
"Mein Traum war es, internationale Beziehungen zu studieren. Ich war Kickboxerin und hatte das Ziel, eine Medaille für mein Land zu gewinnen. Jetzt kann ich keines dieser Ziele mehr erreichen."
Franziska Amler und ihr team haben mit einer 18-jährigen Afghanin gesprochen. Um ihre Identität zu schützen, nennen wir ihren richtigen Namen nicht. Sie heißt hier Fatima und berichtet, dass sie depressiv wurde, als ihre Schule geschlossen wurde: "Es war wirklich hart. Es ist ein grundlegendes Menschenrecht, das Frauen verwehrt wird", sagt die Teenagerin.
Träume vom Studium im Ausland
Bei der Rückkehr der Taliban war sie 14 Jahre alt und besuchte die neunte Klasse. Fitness und Kickboxen waren ihre Leidenschaft. Sie hat Englisch gelernt, und wollte sich um Stipendien im Ausland bewerben, sagt Franziska Amler über das Mädchen. Heute spiele sich deren Leben wirklich nur noch in den eigenen vier Wänden ab.
"Ich lese tagsüber nur den Koran und islamische Texte. Es ist sehr schwer für ein Mädchen, das früher motiviert und voller Hoffnung war. Jetzt fühlt es sich an wie ein Gefängnis."
Die Hoffnung hat Fatima dennoch nicht verloren: "Bildung ist ein Menschenrecht. Ich wünschte, ich wäre nicht in diesem Land geboren. Es ist wirklich schwer, und es wird immer härter. Aber wir kämpfen weiter. Wir leisten Widerstand."
* Fatima heißt in Wirklichkeit anders. Um ihre Identität zu schützen, nennen wir hier ihren richtigen Namen nicht.
Unser Bild zeigt zwei verhüllte Frauen im April 2025 in den Straßen von Dschalalabad im Osten Afghanistans.