Folgen des Ersten WeltkriegsDie Verträge von Locarno 1925
Im Oktober 1925 verhandelten Vertreter aus mehreren europäischen Staaten über eine neue Sicherheitsordnung. Mit den Verträgen von Locarno kehrte Deutschland auf die internationale Bühne zurück. Für kurze Zeit herrschte damals Hoffnung auf einen nachhaltigen Frieden in Europa.
Das Deutsche Reich hatte den Ersten Weltkrieg verloren und war von den alliierten Siegern 1919 im Vertrag von Versailles zu hohen Reparationen verpflichtet worden. Zudem war das Heer auf 100.000 Mann und das Rheinland für 15 Jahre unter Besatzungsstatus gestellt worden.
"Es gab das Sicherheitsbedürfnis Frankreichs gegen Deutschland. Es entstand die Idee, einen Vertrag zu schließen, der von internationalen Mächten abgesichert wird."
Überdies war den Deutschen die Alleinschuld am Krieg auferlegt worden, sodass der Nachfolgestaat – die Weimarer Republik – weder souverän noch wirklich handlungsfähig war. Alle Nachkriegsregierungen versuchten die Bedingungen des Versailler Vertrags abzumildern, aber die Alliierten achteten peinlich genau darauf, dass alle Bestimmungen eingehalten werden.
Frankreich und Belgien bemängeln geringe Reparationszahlungen
1923 bemängeln Frankreich und Belgien zu geringe Reparationsleistungen und besetzen daraufhin das Ruhrgebiet, um den Abtransport von Kohle und Stahl selbst zu überwachen. Aber die Arbeiter an Rhein und Ruhr organisieren einen Generalstreik, die Regierung übernimmt ausfallende Löhne und die fehlenden Gewinne der Unternehmen, was eine Hyperinflation auslöst und das Land ins Chaos stürzt. Der neue Regierungschef Gustav Stresemann beendet den Generalstreik, führt eine Währungsreform durch und kann mit den Alliierten eine Reduzierung der Reparationsleistungen aushandeln.
Verhandlungen in der neutralen Schweiz
Aber damit war ein anderes Problem nach wie vor nicht gelöst: Das Sicherheitsbedürfnis Belgiens und Frankreichs gegenüber den deutschen Nachbarn. Um diesen Konflikt zu lösen, entsteht die Idee, einen Vertrag über die Unversehrtheit der Grenzen zwischen den drei Ländern zu schließen.
Nach Vorverhandlungen treffen sich Vertreter aus Deutschland, Frankreich, Belgien, Polen, der Tschechoslowakei, Großbritannien und Italien im schweizerischen Locarno. In der Zeit vom 5. bis 16. Oktober werden dort insgesamt sieben völkerrechtliche Verträge ausgehandelt, die einen langfristigen Frieden in Europa garantieren sollen – so zumindest damals die Hoffnung. Großbritannien und Italien fungieren dabei als Garantiemächte. Nach der Ratifizierung dieser Abkommen wird Deutschland in den Völkerbund aufgenommen und das außenpolitische Klima Westeuropas verbessert sich.
Ihr hört in Eine Stunde History:
- Die Historikerin Yvonne Blomann berichtet über den Ablauf der Verhandlungen in Locarno.
- Der Historiker Ewald Grothe hat sich mit dem Außenminister Gustav Stresemann, der die Locarno-Verträge initiiert hat, beschäftigt.
- Der Experte für die Weimarer Republik Hans-Christof Kraus erläutert die Außenpolitik Deutschlands in den 1920er und 1930er Jahren.
- Deutschlandfunk-Nova-Geschichtsexperte Matthias von Hellfeld beschreibt die Ausgangslage für die Verträge von Locarno.
- Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Luisa Filip führt uns durch die Tagungsorte in Locarno.