Genetic ProfilingPhantombilder aus DNA

Wenn ein Verdächtiger die drei Buchstaben DNA hört, dann wird es für ihn eng. Meist hat die Spurensicherung ein paar Hautschuppen oder einen Blutspritzer entdeckt, und die Erbmoleküle darin passen genau zum genetischen Fingerabdruck des Verdächtigen. Neueste Forschungsergebnisse zeigen jetzt: Es ist mittlerweile sogar möglich, ein detailgetreues Gesicht aus der DNA zu rekonstruieren.

Wenn sich gefundene Spuren nicht eindeutig einer Person zuordnen lassen, und wenn auch das Archiv mit den gespeicherten genetischen Fingerabdrücken nicht weiterhilft... dann schlägt die Stunde der genetischen Profiler: Die Experten versuchen, aus den DNA-Spuren Erkenntnisse über die Person zu gewinnen, zu denen sie gehören.

Neue Möglichkeiten

Zum Beispiel lässt sich so die Augenfarbe oder die Haarfarbe einer Person ermitteln. Das ist allerdings nur eine recht oberflächliche Information. Der Wissenschaftsjournalist Michael Lange kennt die neuesten Forschungsergebnisse zum DNA-Profiling.

"Bis vor kurzem galt es als unmöglich, ein Gesicht aus DNA zu rekonstruieren. Erst vor gut einem Jahr wurden erste Gene entdeckt, die die Gesichtsform beeinflussen."
Michael Lange, Wissenschaftsjournalist

Richtige Phantombilder ließen sich damit noch nicht erstellen. Kürzlich hat jetzt aber ein Forscherteam aus den USA und Belgien tatsächlich am Computer Gesichter erzeugt. Die einzigen Informationen, die ihnen dafür vorlagen, stammten aus der DNA der Person. Das am Computer rekonstruierte Gesicht ist zwar noch nicht unverwechselbar, aber das Prinzip ist erkennbar – und der Gesichtstyp deutlich sichtbar.

"Das Rekonstruktionsprogramm im Computer basiert auf 3D-Aufnahmen von 592 Personen. Eine Spezialkamera bestimmt die exakte Position von 7.000 charakteristischen Bildpunkten im Gesicht."
Michael Lange, Wissenschaftsjournalist

Beeindruckende Ähnlichkeit

Die Ergebnisse werden dann in Beziehung gesetzt zu 24 genetischen Varianten, die für die Gesichtsform verantwortlich sind. Das Computerprogramm ermittelt, welches Gen welchen Bildpunkt wie beeinflusst. Die Ergebnisse sind nicht eindeutig, sondern eine Sammlung von Wahrscheinlichkeiten. Je mehr Daten in das System aufgenommen werden, desto genauer wird die Methode.

Wie gut die neue Methode bereits funktioniert zeigt das Beispiel einer Reporterin vom New Scientist. Sie hat ihre DNA-Daten von einer Firma in Kalifornien bestimmen lassen – und die Forscher haben ihr Gesicht rekonstruiert. Die Ähnlichkeit ist beeindruckend.

Bald auch als Beweis vor Gericht?

Der genetische Fingerabdruck gehört vor Gericht längst zum Alltag. Soweit, dass das auch bei der DNA-Gesichts-Rekonstruktion der Fall ist, ist die Wissenschaft aber noch nicht, meint Michael Lange.

"Die Methode muss noch weiter verbessert werden und eine höhere Sicherheit bieten. Aber als Hilfe bei der Fahndung in schwierigen Fällen könnte sie schon bald hilfreich sein."
Michael Lange, Wissenschaftsjournalist

Der Bildexperte Peter Claes von der Universität Leuven in Belgien schätzt, dass es noch etwa zehn Jahre dauern wird, bis man Gesichter exakt aus DNA nachzeichnen kann. Es fehlten weitere Gene und auch der Einfluss von Umweltfaktoren während der Schwangerschaft muss noch besser untersucht werden.

Weitere Informationen:

Phantombild aus DNA-Spuren (laborwelt.de vom 26.03.2014)