KlimaschutzHauptsache grünes Label: Wie der Klimafonds missbraucht wird
Ein Topf, in dem immer Geld ist und aus dem Klimamaßnahmen bezahlt werden – das war die Idee. Allerdings scheint der Plan nicht aufzugehen. Der Klimafonds wird missbraucht, die Regierung finanziert damit klimaschädliche Maßnahmen, sagen Kritiker.
Rund 200 Milliarden Euro in den kommenden Jahren für die Energiewende und für Klimaschutz – und das unabhängig vom Haushalt. Das sollte der Klima- und Transformationsfonds (KTF) sein, aus dem etwa der Ausbau Erneuerbarer Energien bezahlt oder klimafreundliche Sanierungen von Häusern bezuschusst werden, erklärt Wirtschaftsjournalist Nicolas Lieven.
Das Geld kommt vom Bund und über Kredite, sagt er, aber es kommt natürlich auch von uns. Denn wir zahlen beim Tanken oder Heizen zum Beispiel eine CO2-Abgabe – und die landet zum Großteil im KTF.
"Wir sehen zunehmend, dass Dinge grün gelabelt werden und dann mit diesem Fonds bezahlt werden."
Das Problem: Aus dem Fonds werden offenbar vermehrt Dinge bezahlt, denen wohl nur ein grünes Etikett aufgeklebt wird. So plane die Bundesregierung derzeit Vieles – etwa Strom oder Gas billiger zu machen – und dabei werde immer wieder in diesen Fonds gegriffen. Ob die Maßnahmen dann wirklich alle grün sind, sei fraglich.
"Da darf man schon ein Fragezeichen dranhängen, ob das nun wirklich alles grün ist oder nicht."
Letztendlich kann man aus allem Möglichen eine grüne Maßnahme machen, kritisiert der Wirtschaftsjournalist: "Ich sage mal vereinfacht: Ich mache aus jedem Schnitzel ein Klimaprojekt."
Klimaschädliche Maßnahmen werden grün gelabelt
Beispiel Netzentgelte, die wir mit dem Strompreis bezahlen. Mit diesem Geld werden die Stromnetze ausgebaut. Das Argument derer, die sich dafür am KTF bedienen wollen: Netzausbau ist total wichtig für die Erneuerbaren Energien.
Nicolas entgegnet dem: Unser Stromnetz ist schon seit Jahrzehnten marode, weil es vernachlässigt wurde. Die Reparaturkosten kommen nun künftig aus dem Klimafonds. Und ähnlich sei es bei der Gasspeicherumlage: "Ich kann Dir jetzt schon sagen: Das ist nicht wirklich öko!"
Es gebe eine lange Liste solcher Projekte. Auch noch absurdere: Neueste Idee sei, dass aus dem KTF CO2-Verschmutzungsrechte bezahlt werden sollen – also Emissionen statt keine Emissionen. All das klingt kontraproduktiv und laut Nicolas ist es zum Teil auch hochumstritten.
"Das heißt nichts anderes unterm Strich, als dass wir mit dem Klimatopf CO2-Emissionen aus Öl und aus Gas finanzieren, weil wir bestimmte Klimaziele nicht erreichen werden."
Der Klimafonds ist beim Bundeswirtschaftsministerium angedockt und die neueste Idee mit den CO2-Verschmutzungsrechten stammt aus dem Finanzministerium. Die Frage sei: Findet man dafür Mehrheiten? Wenn sich genug Stimmen finden, die mithilfe des KTF etwa den Industriestrompreis senken wollen, dann würde das einfach abgesegnet – so wie diese Woche geschehen.
KTF-Maßnahme oder nicht – wer entscheidet?
Zwar ist der Topf gut gefüllt und aktuell wird weniger Geld daraus abgerufen als vorgesehen. Das heißt aber nicht, dass es nicht genug grüne Projekte gibt, sagt der Wirtschaftsjournalist. Kritiker machen die komplizierten Antragsverfahren verantwortlich.
"Es wird im Augenblick an vielen vielen Stellen schon erschwert, etwas aus diesem Topf zu bekommen."
Zudem seien die Menschen auch verunsichert, was die Zukunft etwa von Heizen, Solar-Förderung oder E-Autos angeht und warteten erst Mal ab. Zumal man selbst investieren muss, um eine Förderung zu erhalten. Letztendlich scheint derzeit die Entnahme von Mitteln aus dem Topf für den Bund einfacher zu sein als für Klimaprojekte von Hausbesitzer*innen.
"Wir sind auf dem Weg, aber auf keinem guten Weg. Wir sind an einem Scheideweg."
Es gibt ganz viele Bereiche, in denen es im Augenblick erschwert wird, über diesen Fonds etwas fürs Klima zu tun, urteilt Nicolas. Dabei wäre es super dringend. Zwar haben wir die Klimaziele auf den ersten Blick im letzten Jahr ungefähr eingehalten, erklärt er, aber langfristig sieht es nicht so gut aus – aus verschiedenen Gründen werden wir die Ziele verfehlen, wenn es so weiter geht.