ImpfbereitschaftPolitikwissenschaftler: "Besser als Impfzwang ist, den Ängsten der Skeptiker zu begegnen"

Impfgegner sind alle rechts? Nein, sagt Politikwissenschaftler Florian Stöckel. Viele Impfgegner sind eher populistischen Parteien zugeneigt. Doch gerade Impfskeptiker haben ganz unterschiedliche Gründe, warum sie einer Impfung noch unsicher gegenüberstehen.

Ob sich jemand impfen lassen möchte, sich darüber noch unsicher oder komplett dagegen ist, sagt weniger darüber aus, ob diese Person auf dem politischen Spektrum eher links oder eher rechts steht. Viele Impfskeptiker stehen ganz unterschiedlichen Parteien nah - auch wenn es eine leichte Tendenz zu einer Sympathie mit populistischen Parteien gibt, meint Politikwissenschaftler Florian Stöckel.

"Impfgegner sind Personen, die grundsätzlich nicht in Betracht ziehen, sich irgendwann impfen zu lassen. Das sind in Deutschland aber weniger als zehn Prozent."
Florian Stöckel, Politikwissenschaftler
Der Politikwissenschaftler erforscht, inwiefern politische Haltung und Impfbereitschaft zusammenhängen. Für ihn sehr wichtig: Die Unterscheidung von Impfgegnern und Menschen, die zwar unsicher sind, einer Impfung aber nicht grundsätzlich entgegenstehen. Viele der entschlossenen Impfgegner und einige der Impfskeptiker seien vor allem populistischen Parteien zugeneigt, in Deutschland also etwa der AfD.

Impfskeptiker haben unterschiedliche Ängste und Sorgen

Während aber die Impfgegner nur einen sehr kleinen Anteil in Deutschland ausmachen, sind Impfskeptiker eine weitaus größere Gruppe, so der Experte. Sie stehen der Impfung aus ganz unterschiedlichen Gründen unsicher gegenüber. Oft gebe es berechtigte Ängste und Sorgen und viele bräuchten noch mehr Vertrauen, ehe sie sich impfen lassen würden.

"Viele haben abgewartet, um zu sehen, wie Freunde, Bekannte und ein großer Anteil der Bevölkerung auf die Impfung reagieren und wie groß die Risiken tatsächlich sind."
Florian Stöckel, Politikwissenschaftler

Jetzt, wo schon einige Zeit verstrichen und ein großer Teil der Bevölkerung die Impfung ohne große Risiken bekommen hat, wachse aber das Vertrauen, sagt der Politikwissenschaftler. Auch dass das Impfen sich nun sehr viel leichter organisieren lässt, sollte viele noch umstimmen können.

Kommunikation wichtig

Der Politikwissenschaftler meint auch: Den berechtigten Ängsten und Sorgen der Impfskeptiker müsse vor allem durch eine gute Kommunikation begegnet werden. Nicht nur zwischen Ärztinnen und Patienten, sondern vor allem auch im Bekannten- und Freundeskreis. Je mehr Menschen von ihren positiven Erfahrungen berichten, desto größer werde auch das Vertrauen in die Sicherheit der Impfungen.

"Was wir sehen ist, dass wenn Ängste von Impfskeptikern nicht abgebaut werden können, die Chance für die AfD wächst, sich als Impfgegner-Partei zu inszenieren."
Florian Stöckel, Politikwissenschaftler

Eine Impfpflicht einzuführen, hält der Politikwissenschaftler aus wissenschaftlicher Sicht für wenig sinnvoll. Auch mehr Rechte für Geimpfte würde einer impliziten Impfpflicht gleichkommen. Er glaubt, dass es sinnvoller ist, den Ängsten zu begegnen und herauszustellen, dass eine Person durch eine Impfung sowohl sich selbst als auch andere schützt. Durch Zwang treibe die Politik Menschen, die noch unsicher sind, eher in die Hände populistischer Parteien.