KlassismusDer Stempel der sozialen Herkunft

Wer arm ist oder arm aufwächst wird in vielen Bereichen diskriminiert. Und stirbt Jahre vor wohlhabenden Zeitgenossen. Diskriminierung wegen Klassenzugehörigkeit ist real. Ein Vortrag über Klassismus von Francis Seeck.

Wer aus einem Zuhause mit wenig Geld kommt, hat es schwerer, Abitur zu machen und zu studieren. Arme Menschen sterben in Deutschland im Durchschnitt acht bis zehn Jahre früher als reiche. Und im Bundestag sitzen nur wenige Menschen, die keinen Hochschulabschluss haben. All das sind Formen von Klassismus, also der Diskriminierung aufgrund sozialer Herkunft oder Klassenzugehörigkeit.

"Reiche Menschen sterben in Deutschland im Durchschnitt acht bis zehn Jahre später als arme Menschen."
Francis Seeck, Professor*in für Soziale Arbeit

Unter Klassismus verstehen wir das systematische Abgeschnittenwerden von Ressourcen wie Geld, Bildung, gesellschaftlicher Anerkennung und gesellschaftlicher Teilhabe, sagt Francis Seeck, Professor*in für soziale Arbeit.

Diese Diskriminierungsform sei im Gegensatz zu Rassismus und Sexismus noch weniger bekannt und anerkannt. So habe beispielsweise nur Berlin sozialen Status in das Anti-Diskriminierungsgesetz aufgenommen.

Klassismus wird verinnerlicht

Diskriminierungsformen werden ins eigene Selbstbild übertragen, erklärt Francis Seeck. Gerade weil Armut stark mit Scham verbunden sei, trauten sich die Menschen, die von Klassismus betroffen sind, selber immer weniger zu.

"Wer spricht? Wer wird gehört? Wer wird an gesellschaftlichen Debatten beteiligt? Wer sitzt im Bundestag? Da gibt es nur sehr wenige Menschen, die nicht studiert haben."
Francis Seeck, Professor*in für Soziale Arbeit

Ein Bestandteil von Klassismus sei die Ansicht, dass Armut selbst verschuldet ist, sagt Francis Seeck. Dabei werde nicht gesehen, dass Menschen unterschiedliche Startbedingungen und unterschiedliche Lebensbedingungen haben.

Aufgrund von Herkunft, Krankheiten oder Pflegeverantwortung haben einige Menschen ein höheres Risiko arm zu sein, erklärt Francis Seeck. So haben beispielsweise Alleinerziehende ein besonders hohes Risiko, von Armut betroffen zu sein.

"Klassismus bezeichnet die Diskriminierung aufgrund von Klassenherkunft oder Klassenzugehörigkeit beziehungsweise sozialer Herkunft, sozialen Status."
Francis Seeck, Professor*in für Soziale Arbeit

Francis Seeck ist Professor*in für Soziale Arbeit mit Schwerpunkt Demokratie- und Menschenrechtsbildung an der Technischen Hochschule Nürnberg. Den Vortrag "Klassismus. Die vergessene Diskriminierungsform?" hat Francis Seek am 2. Juni 2025 im Rahmen der Reihe "(Wie) Mit Ausschlussverfahren? Perspektiven auf soziale Ungleichheit" am Institut für Europäische Ethnologie an der Uni Bamberg gehalten.

Hörtipp: Hier geht es zur Facts&Feelings-Folge "Broke als Status - Warum wir so tun, als hätten wir kein Geld?".