NachhaltigkeitWarum es keinen "guten" Müll gibt
Was ist schlimmer: Lebensmittel- oder Verpackungsmüll? Forschungsergebnisse zeigen: Es geht nicht darum, was schlimmer, sondern was weniger schlimm ist. Eins jedoch ist klar: Von beiden Müllsorten produzieren wir viel zu viel.
Ganz ohne Müll können wir kaum leben: Verpackungen dienen dem Transport und machen Nahrungsmittel – wie zum Beispiel Broccoli oder Salatgurken – länger haltbar. Bei der Essenszubereitung kommt bekannterweise auch ein wenig Abfall zusammen. Viele Lebensmittel landen aber auch schon im Müll, bevor wir sie kaufen. Gründe dafür:
- Kund*innen wollen nur bestimmte Teile eines Schweins essen.
- Obst und Gemüse werden als unschön empfunden.
- Lebensmittel werden im Supermarkt entsorgt, weil sie beschädigt oder abgelaufen sind.
Und auch in der Gastronomie sammelt sich einiges an Lebensmittelmüll.
Doch was ist schlimmer für die Umwelt – Plastikmüll oder weggeworfene Lebensmittel? Das lässt sich nicht pauschal sagen. Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Kerstin Ruskowski sagt: Lebensmittel wegwerfen ist noch schlimmer.
Denn egal, ob ich Lebensmittel verpackt oder unverpackt kaufe: Wenn ich sie wegwerfe, wurde nicht nur die Verpackung vergebens – sondern auch mein Einkauf, der Transport der Lebensmittel und ihre Produktion sowie Anbau.
Das deckt sich mit der Forschung: Datenforscherin Hannah Ritchie arbeitet unter anderem für die Website Our World in Data. Sie wertete Studienergebnisse aus und kommt zu dem Schluss, dass Lebensmittelmüll das größere Problem für den Planeten ist. Für die Produktion werden unter anderem Ressourcen wie Landwasser und Düngemittel verbraucht.
Zusammengenommen entstehen mindestens sechs Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen durch weggeworfene Lebensmittel, sagt die Datenforscherin. Das seien es dreimal so viele Emissionen wie durch den weltweiten Flugverkehr entstehen.
Wenn die Lebensmittelmüll-Emissionen ein Land wären, dann wären sie auf Platz drei der größten Treibhausgasverursacher nach China und den USA, berechnete Datenforscherin Hannah Ritchie. Im Vergleich dazu ist der CO2-Fußabdruck durch Verpackungen geringer. Trotzdem sollte es weniger Verpackungen geben, meint die Datenforscherin.
"Ich finde beiden Müll nicht gut, würde aber sagen, Lebensmittel wegwerfen ist schlechter."
Fachleute für Marketing und Konsumkultur der Uni Lancaster in Großbritannien hingegen sind der Meinung, dass die Plastikverpackungen für Lebensmittel schädlicher für die Umwelt sind als das Wegwerfen von Lebensmitteln.
Die Argumentation: Kunststoffe sind langlebig und reichern sich deswegen auch überall an: in der Umwelt, aber auch in Tieren und Menschen. Den Fachleuten aus Lancaster zufolge entsteht so ein giftiges Erbe – darunter werden folgende Generationen noch leiden. Plastikteile verrotten nicht wie Biomüll, sie zerfallen in immer winzigere Teile. Was Plastikpartikel in der Umwelt für Mensch und Tiere auf lange Sicht bedeutet, ist nicht klar – daran wird noch geforscht.
Plastikmüll: Giftiges Erbe für kommende Generationen
"Wenn wir es aus der Perspektive betrachten, ist es weniger schlimm, wenn Lebensmittel verderben, weil sie verrotten und zu Erde werden."
Welche Variante schlechter für unseren Planeten ist, sei also eine Frage des Blickwinkels, meint unsere Reporterin. Dass in Deutschland im Schnitt jedes Jahr elf Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll landen, können wir als Privatpersonen ändern.
Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Kerstin Ruskowski empfiehlt, nicht zu viele verderbliche Lebensmittel auf Vorrat zu kaufen. Nudeln, Reis und Tomatenmark können wir immer zu Hause haben, aber eben nicht Obst oder Gemüse – die haben nicht eine so lange Haltbarkeit.