Corona-PandemieGoogle Trends: Virus tracken per Suchbegriff

Das Analysetool Google Trends könnte bei Prognosen über die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus helfen, sagen Forscher – gerade in Ländern, deren Gesundheitssystem schlecht aufgestellt ist. Demnach könnte es Hinweise auf Infizierungsraten liefern. Inwiefern die Interpretation der Google-Zahlen zuverlässig ist, bleibt aber umstritten.

Vor dem Besuch beim Arzt wählen einige Menschen oft den Weg über eine Suchmaschine, um mithilfe der eingegebenen Symptome, etwas über ihre mögliche Krankheit zu erfahren. Das wirft die Frage auf, inwiefern Analysen von Suchanfragen über Suchmaschinen wie etwa Google dabei helfen können, einen Ausbruch bestimmter Krankheiten abzubilden oder sogar vorherzusagen.

Nach Grippe jetzt neues Coronavirus

In der Vergangenheit hat sich beispielsweise gezeigt, dass mögliche Grippewellen durch Tools wie Google Trends bedingt prognostizierbar sind – aber eben nur bedingt. Nachdem die Vorhersagen in den Anfangsjahren stimmten, überschätzte das Programm die Grippesaison 2012/2013 in den USA stark. Als Folge stellte der Tech-Konzern die ursprünglich eigens dafür erschaffene Webseite "Google Flu Trends" offline.

Im Zuge der aktuellen Corona-Pandemie rückt die Auswertung der Suchanfragen über Google Trends jedoch wieder ins Blickfeld der öffentlichen Debatte. Zum Beispiel haben Forschende der Cornell University in einer Studie ein Prognosemodell entwickelt, das die Daten aus den Suchanfragen zuverlässig analysieren soll.

Suchbegriff und dessen Gewichtung ist wichtig

Entscheidend hierfür ist unter anderem der Suchbegriff, erklärt Deutschlandfunk-Nova-Netzreporter Michael Gessat. Denn: Damit die Suchanfragen der Nutzerinnen und Nutzer dem neuartigen Coronavirus zugeordnet werden können, müssen diese für das Virus spezifische Symptome beinhalten.

Das bedeutet: Eine Suchanfrage über den Verlust des Geruchssinns beispielsweise ist wesentlich relevanter im Fall von Covid-19 als zum Beispiel die Suche nach dem Schlagwort Fieber. Letzteres könnten Userinnen und User nämlich auch aufgrund vieler anderer Erkrankungen gesucht haben, etwa wegen einer Grippe. Gleichzeitig zeigen Studien dass der Geruchs-und Geschmackssinn von Corona-Patienten durch das Virus gestört sein kann - häufen sich solche Anfragen also derzeit, lassen sie sich spezifischer Covid-19 zuschreiben.

Und an diesem Punkt kommen die Google-Zahlen wieder ins Spiel: Vergangene Woche war "I Can't Smell" die am häufigsten gesuchte Anfrage in den US-Staaten New York, New Jersey, Louisiana und Michigan, wie die New York Times berichtet. Gleichzeitig sei das Coronavirus in diesen vier Staaten am meisten verbreitet. Die Auswertung der Suchanfragen decke sich mit den offiziellen Zahlen der US-Bundesstaaten.

Trends könnten Hinweise sein, trotzdem braucht es Vorsicht

Laut der New York Times könnte das Analysetool von Google damit gerade für Prognosen in Ländern hilfreich sein, deren Gesundheitssysteme weniger gut ausgebaut sind.

In Ecuador zum Beispiel geben die Menschen zehnmal häufiger die Suchanfrage nach dem Geruchssinn ein als in Spanien. Nach den bisherigen offiziellen Zahlen soll es in Ecuador aber anteilig zehnmal weniger Covid-19-Fälle geben als in Spanien, schreibt die New York Times. "Die Differenz könnte also auf eine dramatische Dunkelziffer hindeuten", schlussfolgert Deutschlandfunk-Nova-Reporter Michael Gessat.

Generell sei es aber wichtig, die Auswertungen der Suchanfragen mit Vorsicht zu bewerten. Das hätten die Erfahrungen der Vergangenheit deutlich gemacht.

"Die Aussagekraft dieser Trend-Erkennung muss man vorsichtig bewerten. Auch in Bezug auf die Grippe war sie immer sehr umstritten und tendierte dazu, die Zahl der Infektionen zu überschätzen."
Michael Gessat, Deutschlandfunk-Nova-Reporter

Darauf weisen ebenfalls die Studienautoren der Cornell University hin. In ihrem Prognosemodell beziehen sie daher auch die Verbreitung aktueller Nachrichten mit ein. Denn: Die für das Virus relevanten Suchanfragen können nicht nur Hinweise auf Infektionsraten sein, sondern eben auch auf Sorgen vor einer möglichen Ansteckung beruhen, so die Forschenden. Daher sei es entscheidend, diesen Aspekt in die Analyse mit einzubeziehen.