IdentifikationDatenschützer: Personenkennziffer verrät zu viel über uns

In Deutschland gibt es keine Personenkennziffer, die lebenslang alle Daten über uns sammelt und zusammenführt. Der Bundestag will das ändern - doch es gibt Sorgen um den Datenschutz.

In den USA zum Beispiel gibt es die Social Security Number: eine Nummer, mit der jedes Meldeamt, Finanzbehörde, Polizei, Gesundheitsamt eine Person identifizieren kann.

Deutschland will eine solche Nummer auch haben, allen voran Innenminister Horst Seehofer von der CSU. Auch der Bundestag hat die lebenslange Personenkennziffer bereits beschlossen, ebenso der Bundesrat (5. März 2020). Die Kennung soll möglich machen, dass unsere Daten auf Inkonsistenzen geprüft und gepflegt, aktualisiert und bereitgestellt werden.

"Eure Daten aus 50 verschiedenen Registern wie Einwohnermeldeamt, Finanzamt oder Jobcenter könnten so zusammengeführt werden."
Martina Schulte, Deutschlandfunk-Nova-Reporterin

"Das würde die digitale Verwaltung einen großen Schritt weiterbringen", sagt Deutschlandfunk-Nova-Reporterin Martina Schulte. "Du könntest damit deinen Führerschein oder Perso beantragen, Versicherungen abschließen oder ein Bankkonto eröffnen."

Mitarbeitende aus verschiedenen Behörden könnten so per Knopfdruck leicht auf alle notwendigen Dokumente zugreifen. Daten aus 50 verschiedenen Registern wie Einwohnermeldeamt, Finanzamt oder Jobcenter könnten so zusammengeführt werden. Damit könnten eventuell Anträge schneller bearbeitet werden und weniger Papierkram anfallen.

Praktisch? Oder?

Datenschützerinnen und Datenschützer halten den vom Bundestag verabschiedeten Entwurf für verfassungswidrig. Zum Beispiel hat der sächsische Datenschutzbeauftragte Andreas Schurig seine Landesregierung aufgefordert, die umstrittene Personenkennziffer zu blockieren.

Seine Sorge: Durch die Kennziffer könnten umfangreiche Persönlichkeitsprofile erstellt werden. Das sei "ein großer Schritt zum gläsernen Bürger", so Andreas Schurig.

Daten erzeugen Interesse

Sachsens Datenschutzbeauftragter verweist in seiner Argumentation auf die Erfahrungen in der DDR mit der Personenkennzahl. Die Personenkennzahl gab es in der DDR seit den 70er-Jahren. Sie wurde vor allem zur Kontrolle der Bürgerinnen und Bürger missbraucht.

Die Datenschützenden der Länder fürchten, dass eine Personenkennziffer gegen die informationelle Selbstbestimmung der Bürgerinnen und Bürger verstoßen könnte. Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts verbietet es nämlich dem Staat, personenbezogenen Daten mit einer übergreifenden Identifikationsnummer zu verknüpfen, weil damit Profile von uns allen gebildet werden könnten.

Daten aus 50 Registern verraten viel

Für die Verwaltung wäre es vielleicht praktisch, wenn unsere Infos aus 50 Datenbanken und Registern zusammmengeführt würden. Aber: "Wo Datenbanken sind, da gibt es auch Interesse an ihnen", schreibt etwa das Online-Magazin Netzpolitik.org. "Wer die Daten aus 50 Registern und Datenbanken zusammenführt, erhält ein sehr genaues Bild über die Lebensumstände eines Menschen."

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ullrich Kelber hofft jedenfalls noch auf eine Änderung im Gesetzentwurf, damit "uns nicht wieder erst das Bundesverfassungsgericht vor einem zu neugierigen Staat schützen muss".