Polyphasischer SchlafMehrmals kurz schlafen - eher kontraproduktiv

Cristiano Ronaldo optimiert seine Produktivität scheinbar dadurch, dass er fünfmal am Tag anderthalb Stunden schläft. Eine Übersichtsstudie stellt nun fest, dass polyphasischer Schlaf nicht hält, was er verspricht.

Eine bessere Stimmung, Leistungsfähigkeit und Gesundheit – Verfechter des polyphasischen Schlafs, also mehrfach kurz zu schlafen, halten das für die positiven Effekte, die durch diese Methode erreicht werden können. Statt sich abends zum Schlafen hinzulegen und morgens wieder aufzustehen, soll der Fußballer Cristiano Ronaldo sich fünfmal für anderthalb Stunden für ein Nickerchen ins Bett begeben.

"Die ganz harten Hunde versuchen sechsmal 20 Minuten pro Tag zu schlafen, in der Summe also zwei Stunden. Wem das zu krass ist, kann auch dreimal anderthalb Stunden schlafen."
Schlafforscherin Christine Blume über verschiedene Varianten des polyphasischen Schlafs

Oft sei es wohl der Wunsch nach Optimierung, der uns dazu bringe, Einfluss auf unser Schlafverhalten zu nehmen, sagt die Schlafforscherin Christine Blume. Das Ziel Vieler: Möglichst wenig Zeit ans Schlafen zu verschwenden, aber trotzdem so ausgeruht wie möglich zu sein. Das motiviert die eine oder den anderen dazu, verschiedene Schlafstrategien auszuprobieren.

Schlafforschung unterscheidet drei Schlafmuster

  1. Monophasischer Schlaf – nur eine Schlafphase
  2. Biphasischer Schlaf – Mittags- und Nachtschlaf
  3. Polyphasischer Schlaf – mindestens drei bis sechs Mal pro Tag kurz schlafen

Mono- und biphasischer Schlaf sind typisch für Erwachsene und polyphasischer Schlaf ist ein typisches Muster für Neugeborene. Sieben bis neun Stunden Nachtschlaf wird in der Regel von Schlafforschenden empfohlen, sagt Christine Blume. Die nächtliche Ruhe ist dabei in fünf verschiedene Phasen unterteilt, die ungefähr 90 Minuten andauern. Jede Phase endet mit dem REM-Schlaf (Rapid Eye Movement), der als besonders erholsam für unser Hirn gilt.

"Dieser polyphasische Schlaf wird oft mit außergewöhnlichen Leistungen assoziert und ist dann auch medial präsent."
Christine Blume, Schlafforscherin

Beim polyphasischen Schlaf geht es darum, möglichst viele REM-Schlafphasen mit möglichst wenig Schlaf – also je nach Schlafmuster mit zwei bis viereinhalb Stunden – zu erreichen. Oft sind es jüngere Menschen, die versuchen, mehr Produktivität zu steigern, indem sie ihr Schlafverhalten beeinflussen.

Studien: Keine Hinweise auf positive Effekte durch Powernaps

In einer Überblicksstudie wurden nun 22 Studien zu Schlafverhalten zusammengefasst und bewertet. Insgesamt kommen die Studien zu verschiedenen Ergebnissen bei Menschen, die polyphasischen Schlaf praktizieren.

  • Versuchsteilnehmende schlafen schlechter und sind müder
  • Die Gedächtnisleistung verschlechtert sich
  • Depressive Symptome und gesteigerte Reizbarkeit
  • Leistungen verschlechtern sich

Die Studien haben sich die Kurzzeiteffekte des polyphasischen Schlafs über bis zu vier Wochen hin angesehen. Nach allem, was wir aus verschiedenen Studien wissen, müssen wir davon ausgehen, dass sich polyphasischer Schlaf negativ auf die Gesundheit auswirkt, sagt Christine Blume.

"Für diese behaupteten positiven Wirkungen von polyphasischem Schlaf findet sich in wissenschaftlichen Studien kein Beleg. Im Gegenteil."
Christine Blume, Schlafforscherin

Es komme nicht nur darauf an, wie viele Stunden wir am Tag schlafen, sondern auch darauf, wann wir schlafen. Denn der Schlaf, den wir uns tagsüber gönnten, sei nicht so erholsam, wie wenn wir nachts schlafen, sagt die Schlafforscherin.

Empfehlungen für erholsamen Schlaf

Was das Schlafen angeht, sollten wir mehr auf unseren eigenen Körper hören, empfiehlt die Schlafforscherin. Denn nach Millionen von Jahren der Evolution nehme der Schlaf bei allen Lebewesen immer noch eine ganz zentrale Rolle ein, sagt Christine Blume. Sie findet, zu akzeptieren, dass wir nicht hineinpfuschen sollten, also unseren Schlaf nicht manipulieren sollten, sei ein erster wichtiger Schritt.

Für einen guten Schlaf sei es nicht nur wichtig, den Rhythmus und die Bedürfnisse des eigenen Körpers zu kennen, sondern ihm letztendlich auch zu geben, was er einfordere, sagt Christine Blume.

"Wir haben alle eine individuelle biologische Nacht und die beginnt, wenn die Zirbeldrüse im Gehirn anfängt, Melatonin auszuschütten. Melatonin ist ein körpereigenes Hormon, das uns beim Einschlafen hilft."
Christine Blume, Schlaffoscherin