Princess Treatment vs. Bare MinimumWas macht uns in der Beziehung glücklich?

Beim Trend "Princess Treatment oder Bare Minimum" erzählen Leute, was sie in einer Beziehung für die andere Person tun. Was ist besonders und was Standard? Dabei gibt es teils große Unterschiede. Eine Paartherapeutin erklärt, warum das so ist.

Salma und Pauline sind seit gut einem Jahr ein Paar und sie versuchen, viel aufeinander zu achten – auch wenn es natürlich Ausnahmen gibt, sagt Pauline: "Natürlich verpasst man mal etwas. Aber es ist irgendwie so ein Geben und ein Nehmen."

Ein Beispiel aus ihrer Beziehung für "Princess Treatment" ist, dass eine der beiden der anderen Frühstück ans Bett bringt. Oder auch, dass sich Pauline schon in der Anfangsphase der Beziehung getraut hat, mit Salma Anime-Filme zu schauen. "Sie hat schon versucht, da einzusteigen. Es ist zwar heute immer noch nichts für sie. Aber trotzdem, wenn ich sage: 'Hey, da kommt was ins Kino. Kommst du mit?' Dann kommt sie mit und lässt sich von mir aufklären."

Social-Media-Trend sorgt für Diskussionen

Deutschlandfunk-Nova-Reporter Christian Schmitt hat sich näher mit dem Social-Media-Trend beschäftigt und dafür etliche Tiktok-Videos angeschaut, in denen Paare über Princess Treatment und Bare Minimum in ihrer Beziehung sprechen.

"Meistens wird der Typ befragt, und die Freundin steht da mit einem Wassersprüher, Duschkopf oder Gartenschlauch und ist bereit, den Freund nass zu spritzen, wenn er in ihren Augen etwas Falsches sagt", erzählt Christian Schmitt.

"Du kannst Stunden damit verbringen, dir anzugucken, wie sich Pärchen um Kopf und Kragen reden."
Christian Schmitt, Deutschlandfunk-Nova-Reporter

Autotür aufhalten, Blumen schenken oder Liebesbriefe schreiben – das sind nur einige Beispiele, die in diesen Videos genannt werden. Aber sind solche Dinge jetzt etwas Besonderes, oder sollten sie nicht das Minimum sein, das man in einer Beziehung mitbringt. Das sorgt in den Kommentaren auf jeden Fall für Diskussionen.

Klischees werden bedient

Und auch unser Reporter Christian Schmitt sieht den Trend kritisch: "Auf den ersten Blick klingen ein paar Sachen nach Empowerment. Meistens sind es Frauen, die endlich mal Ansprüche an die Männer stellen." Aber beim genaueren Hinschauen stecke da auch viel Rückschrittliches drin.

"Schenkt er dir Blumen, schenkt er dir Schmuck, bezahlt er dir die Nägel? Das habe ich alles mehrfach in diesen Fragenkatalogen gesehen. Und die fördern voll die Klischee-Rollenbilder: Die Prinzessin will von ihrem starken Mann verwöhnt werden. Und die Frau so als passive Akteurin", berichtet Christian.

"Der Trend ist ein bisschen ambivalent: Es geht um Wertschätzung, aber oft auf eine Weise, die traditionelle Rollenbilder einfach neu verpackt."
Christian Schmitt, Deutschlandfunk-Nova-Reporter

Aus dieser Perspektive sind queere Beziehungen wie von Salma und Pauline im Vorteil, weil dort traditionelle Rollenbilder nicht so präsent sind. Abgesehen davon haben die beiden von vornherein offen kommuniziert, sagt Pauline: "Wir kommen beide aus ehemaligen Beziehungen, wo die Kommunikation relativ schlecht war. Und für uns war klar, dass wir uns da weiterentwickeln wollen."

Auf die Bedürfnisse der anderen eingehen

Da beide sehr feinfühlig und empathisch sind, habe es von Beginn an gut geklappt, auf die Bedürfnisse der anderen zu achten, erklärt Pauline: "Wir haben das Gefühl für die andere schnell entwickelt, was die andere gerade so braucht. Und dann spricht man viel darüber und dann funktioniert das."

Und Pauline hat auch erst durch ihre Beziehung zu Salma gelernt, dass gewissen Dinge, die sie früher als Princess Treatment gesehen hat, eigentlich Bare Minimum sein sollten.

"Ich dachte erst: 'Boah, das ist jetzt Princess Treatment was du für mich machst.' Wenn ich jetzt darüber nachdenke, war das eigentlich selbstverständlich für eine gesunde Beziehung."
Pauline, hat den Trend Bare Minimum oder Princess Treatment mitgemacht

Salma und Pauline führen eine Fernbeziehung. Salma wohnt in Hamburg, und Pauline in der Nähe von Regensburg. Salma dachte am Anfang beispielsweise, dass es Princess Treatment sei, wenn die beiden sich jedes Wochenende besuchen und sich dabei auch abwechseln. "Ich will ja meine Partnerin sehen, und ich tue das liebend gerne, dass ich so oft wie möglich runter fahre. Und das ist in vielen Beziehungen anders", sagt Salma.

Pauline erzählt auch, dass sie Freundinnen und Freunden rät, sich in einer Beziehung nicht mit dem Minimum zufrieden zu geben. Denn diese Erfahrung hat sie auch schon selbst in Beziehungen gemacht.

Wie sollten Standards in Beziehungen aussehen?

Paartherapeutin Miriam Dialo findet es gut, dass der Trend dazu führt, über das Thema "Wertschätzung in Beziehungen" zu sprechen. Schwierig findet sie jedoch, dass dadurch vermittelt wird, es gebe nur das eine richtige Verhalten. "Als ob es so eine fixe Vorgehensweise gäbe, wie wir uns verhalten sollen, oder was richtig oder falsch ist. Wir versuchen, uns an das anzupassen, was andere tun, und beschäftigen uns weniger mit uns selbst und mit der eigenen Beziehung", sagt sie.

Respekt, Verlässlichkeit und offene Kommunikation

Für die Paartherapeutin gibt es jedoch durchaus Mindeststandards, um eine Beziehung zu führen, die langfristig zufrieden macht. Dazu zählt ein respektvoller Umgang miteinander und dass Partnerinnen und Partner sich aufeinander verlassen können. Wichtig sei auch eine offene Kommunikation, nicht nur über Organisatorisches, sondern auch über Gefühle.

"Wir dürfen alle erwarten, dass wir respektvoll miteinander umgehen – auch in Streitsituationen."
Miriam Dialo, Paartherapeutin

Es gibt verschiedene Einflüsse, die dafür sorgen, dass wir bestimmte Ansprüche und Erwartungen an eine Beziehung haben, erklärt Miriam Dialo. Ein wichtiger Faktor seien die Erfahrungen in der Kindheit. "Wie haben wir eigentlich gelernt, wie Liebe funktioniert? Wie blicken wir auf die Welt? Was macht uns aus? Und natürlich auch unsere gesellschaftliche Prägung. Also, was sehen wir beispielsweise auf Tiktok, aber auch im Umfeld?", sagt sie. Entscheidend seien auch die Erfahrungen, die wir in früheren Beziehungen gemacht haben, so die Paartherapeutin.

Themen ansprechen und Wünsche äußern

Und wer unzufrieden damit ist, wie Dinge in der Beziehung laufen, sollte das unbedingt ansprechen und sich auch trauen, Wünsche zu äußern, sagt Miriam Dialo. Dafür sollten Partnerinnen und Partner im Alltag intensiv im Kontakt sein und sich gegenseitig fragen, was den anderen beschäftigt und warum: "Und dass wir das eben auch selbst erzählen und dann auch anschließend fragen: 'Was kann ich jetzt eigentlich gerade tun?'"

Pauline findet, Paare sollten sich durch den Social-Media-Trend aber nicht unter Druck setzen lassen, "weil jeder seinen eigenen Standard hat. Ich glaube, es ist wichtig, dass man in der Beziehung klärt, welche Bedürfnisse der andere hat und auf die dann einfach achtet."