Medizin und Sars-CoV-2Covid-19-Impfstoff im Test: Ganz langsam, ganz wenig

In Mainz wird ein Impfstoff gegen Covid-19 an Menschen getestet. Zwar sind die Entwickler sehr vorsichtig, ganz ausschließen lassen sich die Risiken für die Testpersonen aber nicht.

Ein Impfstoff gegen Sars-CoV-2 könnte helfen, die Corona-Pandemie zu beenden. Weltweit wird in rund 150 Forschungsprojekten nach einem solchen Stoff gesucht. In Deutschland wie auch in Großbritannien ist nun jeweils ein möglicher Impfstoff für klinische Tests zugelassen worden. Weltweit gibt es damit erst fünf solcher Testreihen an Menschen (Stand 24.04.2020).

Das Paul-Ehrlich-Institut hat am 22.04.2020 die erste klinische Prüfung eines Impfstoffkandidaten des Biotechnologieunternehmens Biontech in Mainz genehmigt. Dafür soll das namenlose Mittel an rund 200 gesunden Menschen im Alter zwischen 18 und 55 Jahren getestet werden.

Kleine Gruppe, kleine Dosis

Die Entwickler hoffen, in dieser ersten Prüfphase herauszufinden, ob der Wirkstoff verträglich ist und die erhoffte Immunantwort auslöst. Volkart Wildermuth ist Wissenschaftsjournalist und beschreibt, den behutsamen Beginn des nun anlaufende Testverfahrens: "Das geht erst mal ganz sachte los. Da spritzt man nicht gleich 200 Leuten gleichzeitig was in den Arm, sondern die bekommen die niedrigste Dosis des Impfstoffs."

Zuvor ist der Stoff an Mäusen und Ratten getestet worden. Zu ihrer eigenen Sicherheit werden die Testpersonen dann vor Ort überwacht.

"Die werden dann nicht nach Hause geschickt, sondern bleiben über Nacht, dass die Ärzte überwachen können, ob irgendeine überraschende Reaktion auftritt."
Volkart Wildermuth, Wissenschaftsjournalist

Sicher gebe es für die Testpersonen ein Risiko. Am ehesten könnte es noch zu einer paradoxen Reaktion des Immunsystems kommen, sagt Volkart Wildermuth. Das würde bedeuten, dass der Verlauf einer späteren Erkrankung durch die Impfung verschlimmert wird.

"Das einzige Risiko, was so ein bisschen im Raum steht, ist die so genannte paradoxe Reaktion des Immunsystems."
Volkart Wildermuth, Wissenschaftsjournalist, über die Risiken des Tests

Die potenzielle Wirkung des Teststoffs beruht auf der sogenannten RNA-Technologie. Der genetische Bauplan für ungefährliche Bestandteile des Coronavirus wird in einer speziellen Trägerlösung in den menschlichen Körper injiziert. Dieses Vorgehen hat sich in der Tumorbekämpfung bereits bewährt.

RNA-Technologie

Körpereigene Zellen nehmen die Erbinformation auf und produzieren harmlose Erregerteile. Sie lösen Covid-19 nicht aus, werden aber dennoch vom Immunsystem erkannt, das eine Immunantwort aufbaut und abspeichert.

"Dieses Prinzip hat man für eine ganze Reihe von Tumor-Impfstoffen zum Beispiel schon verwendet. Dazu gibt es ausführliche Sicherheitsdaten."
Volkart Wildermuth, Wissenschaftsjournalist

Die nun anlaufende Testphase wird drei bis fünf Monate andauern. Erste Teildaten von etwa 50 bis 100 Teilnehmern könnten voraussichtlich Ende Juni oder Anfang Juli vorliegen und könnten erste Erkenntnisse zur groben Verträglichkeit liefern. An einer zweiten Testphase könnten dann auch Freiwillige aus Risikogruppen teilnehmen.

"Dann wird auch der Impfstoff an älteren Menschen erprobt und an Menschen mit Vorerkrankungen. Das ist ganz entscheidend bei einer Krankheit, die besonders für Ältere gefährlich ist."
Volkart Wildermuth, Wissenschaftsjournalist