ModeSecondhand: Nachhaltig shoppen leichter machen

Secondhand boomt, heißt es. Oder tut es das doch nicht? Es gibt sie, die Möglichkeiten der Klamotten-Zweitverwertung: online, über Secondhand-Apps oder in Läden. Problem: Wir sind bequem. Oft scheint uns das Ganze noch zu aufwendig zu sein. Wir haben mal recherchiert, was möglich wäre.

Habt ihr schon die Winterklamotten rausgekramt? Manchmal fehlt ein warmer Schal oder eine regenfeste Jacke, manchmal hat man Outfits aber auch doppelt und dreifach und will sie loswerden. Es gibt mittlerweile viele Möglichkeiten, nachhaltig Kleidung zu kaufen oder zu verkaufen, sogar zu verschenken per App. Bloß: Wir nutzen diese Wege immer noch wenig.

Anteil am Gesamtumsatz noch niedrig

Laut der Studie "Fashion 2030" der Unternehmensberatung KPMG aus dem Jahr 2021 macht der Secondhandmarkt 5 Prozent des Gesamtumsatzes der Modebranche in Deutschland aus. Vom Umsatz her ist das zwar noch kein riesiger Anteil, aber erstens ist Secondhandmode in aller Regel günstiger als neu gekaufte.

"Die Prognose von KPMG: In den nächsten zehn Jahren könnte Second Hand 20 Prozent des Marktes ausmachen."
Ilka Knigge, Deutschlandfunk Nova

Und zweitens ist die Marschrichtung offensichtlich: Etwa ein Drittel der für die Studie befragten Leute gibt an, bereits jetzt gebrauchte Kleidung zu kaufen. Und über ein Viertel kann es sich vorstellen. Die Prognose von KPMG: In den nächsten zehn Jahren könnte Second Hand 20 Prozent des Marktes ausmachen.

Immer mehr Leute wollen Secondhand kaufen. Höchstwahrscheinlich werden sich also auch immer mehr Läden, Apps und Start-Ups darauf stürzen, uns passende Konzepte anzubieten.

Wir sind manchmal zu bequem für Secondhand

Momentan ist es allerdings noch sehr viel einfacher, neue Ware zu kaufen: Wir sind es gewöhnt, in jeder x-beliebigen Stadt in die Fußgängerzone zu gehen und dort in Läden mit Umkleiden, Beratung, Kartenzahlung und Rückgaberecht zu shoppen.

Ein geschenktes Shirt am anderen Ende von Berlin abzuholen, ist vielen zu aufwendig: Ilka Knigge zum Beispiel nutzt eine App, mit der sich Kleidung verschenken lässt. Klingt erst Mal super – doch als sie dann einmal durch ganz Berlin gefahren ist, war sie nur noch genervt und der Spaß war vorbei, sagt sie.

"Ich bin für ein geschenktes Shirt einmal durch ganz Berlin gefahren – und war am Ende nur noch genervt."
Ilka Knigge, Deutschlandfunk Nova

Problem: Wenn dir das Teil dann nicht gefällt, hat die oder der Verkaufende wahrscheinlich keine Alternative im Angebot. Die Nachbarin höchstwahrscheinlich auch nicht, und ein Café nebenan ist auch nicht da. Man gehst also unzufrieden heim und hat Zeit verschwendet.

Ob man Hürden nimmt oder nicht, liegt auch an den eigenen Werten. Wenn einem Nachhaltigkeit sehr wichtig ist, tut man vielleicht auch etwas dafür. Im stressigen Alltag unter Zeitdruck kann das aber eben auch mal anders aussehen. Wenn der Secondhandeinkauf einfacher möglich wäre, würde das wahrscheinlich anders aussehen.

Es gibt aber auch das Positivbeispiel: Ilka hat sich mal ein schickes Outfit online ausgewählt und geliehen. Das ging problemlos und der Versand war kostenlos. Außerdem hat sie gar nicht gemerkt, dass es Second Hand war, erzählt sie.

Vorschlag: Neue Abgabestellen für gebrauchte Kleidung

Der Secondhandmarkt könnte auch ganz neue Möglichkeiten eröffnen. Die Konsumentenpsychologin Michaela Wänke schlägt vor, zentral gelegene neue Abgabestellen für Kleidung zu schaffen, die besucherfreundliche Öffnungszeiten haben.

"Die Abgabestellen müssen relativ zentral und gut erreichbar sein, die müssten Öffnungszeiten haben, die wirklich sehr großzügig sind und nicht beschränkt."
Michaela Wänke, Konsumentenpsychologin

Auch Kleidung in Kommission zu nehmen, wäre eine Möglichkeit, so Wänke. Wenn sie dann weiterverkauft wird, bekommt man eine Gutschrift.

Am besten wäre, wenn das Ganze dann noch digitalisiert würde. Eine Vision könnte es sein, dass wir bald Innenstädte haben, in denen die Menschen ihre ausrangierten Klamotten zentral irgendwo abgeben können – und dafür dann Mode kaufen, die zuvor mal jemand anderes abgegeben hat.

Höhere Preise verknüpfen wir mit Wertigkeit

Ein interessantes Phänomen: Je teurer etwas ist, desto länger behalten wir es auch im Schrank, sagt Konsumentenpsychologin Wänke. Beispiel: Das Paar Schuhe, was zu eng ist, aber was sehr teuer war, das behalten wir sehr lange und scheuen uns, es abzugeben.

"Je hochwertiger und je teurer die Kleidung war, desto länger behalten wir sie im Schrank – auch wenn wir sie nicht tragen."
Michaela Wänke, Konsumentenpsychologin

Es könnte also auch sein, dass wir günstige Kleidung eher wieder loswerden wollen. Ilka schlägt vor, dass es sinnvoll sein könnte, wenn wir uns hochwertige Lieblingsstücke anschaffen, die wir entweder tragen. Oder wenn nicht – dass wir uns schneller wieder davon verabschieden, damit das nicht benutze Stück zum Liebling einer neuen Person werden kann.