TreiberameisenKollektiver Selbstmord im Tierreich

Warum stürzen sich Treiberameisen in großen Gruppen in den Tod? Bei der "Todesspirale" wird den Ameisen oft ihre Schwarmintelligenz zum Verhängnis.

Treiberameisen sind eine tropische Ameisenfamilie aus etwa 200 Arten, die aus riesigen wandernden Heeren bestehen – regelrecht militärisch strukturiert und äußerst effizient, wenn es darum geht, Beute zu fangen. Nicht ohne Grund heißen sie deshalb auf Englisch “army ants“, wie der Biologe Mario Ludwig im Gespräch beschreibt. In kürzester Zeit fressen die Treiberameisen das Beutegebiet von Insekten oder sogar größeren Tieren leer. Ist alles abgeräumt, ziehen sie weiter.
Damit die Gruppe sich nicht verliert, senden die Ameisen Duftstoffe zur Kommunikation aus. Mit den sogenannten Pheromonen können die anderen ganz einfach folgen, quasi blind. Und klar: Je mehr Ameisen der Duftstraße folgen, desto präsenter wird diese.
"Offensichtlich ist es gerade ihre Schwarmintelligenz und ihre Disziplin, die den Ameisen da zum Verhängnis wird."
Mario Ludwig, Deutschlandfunk Nova-Tierexperte

Das kann aber durchaus zum Problem werden, zum Beispiel wenn eine der Ameisen auf eine alte Spur trifft und ihr dann folgt. Weitere kommen hinzu, sie gehen im Kreis: Und sind, zack, in der “Todesspirale“ gefangen. Sie können den Kreis nämlich nicht mehr verlassen und laufen so lange, bis sie an Erschöpfung sterben. Deutschlandfunk Nova-Tierexperte Mario Ludwig beteuert, dass das immer wieder vorkommt und eine Schwachstelle ihrer Disziplin so sichtbar wird.

Todesspriale als Schwachstelle

Deshalb wird die Todesspirale – auch Ameisenmühle genannt – oft herangezogen, wenn die Schwachstellen einer Gemeinschaft deutlich gemacht werden: Individuen folgen dem “Anführer“ blind und wollen oder können die Auswirkungen nicht prüfen.

Diese Treiberameise bildet gerade mit Anderen eine Brücke.

Diese Spiralen können sogar richtig groß werden: 1921 hat ein amerikanischer Biologe die wohl bisher größte Todesspirale entdeckt. 365 Meter Umfang. Das heißt: Für eine Umrundung brauchte eine Ameise schlappe zweieinhalb Stunden.

Auch Prozessionsspinner können das gut

Die Treiberameisen sind aber nicht alleine: Auch Larven von Prozessionsspinnern können das zumindest im Experiment auch ganz gut. Prozessionsspinner sind Schmetterlinge, deren Larven sich im Gänsemarsch hintereinander auf Nahrungssuche begeben. Mehr als zehn Meter lang geht das – fast wie eine kleine Larven-Autobahn.
Prozessionssspinner in Prozession

Vor mehr als 100 Jahren manipulierte der Insektenforscher Jean-Henri Fabre die Prozessionsspinner, sodass sie im Kreis um Beute liefen. Die Hoffnung: Irgendwann bemerkt die Führungsraupe ihren Fehler und ändert die Richtung. Doch die Larven liefen unermüdlich im Kreis. Mehr als eine Woche. Dann sind auch sie an Erschöpfung, Hunger und Durst gestorben.