Tausende Verletzte bei UnruhenSo ist die aktuelle Lage in Kasachstan

Die Unruhen in Kasachstan haben nach Behördenangaben bislang 225 Menschen das Leben gekostet, 4.300 wurden verletzt. Andrea Beer ist unsere Korrespondentin in der Region und berichtet, wie es den Menschen im Land ergeht.

"Im Moment ist die Lage landesweit ruhig. Aber man muss sich immer vorstellen, dass es in den Köpfen und Herzen weiter brodelt."
Korrespondentin Andrea Beer über die Situation in Kasachstan
Auch wenn es dieser Tage ruhig sei, bestünden die Probleme in Kasachstan weiter, so Andrea Beer, die Korrespondentin für Deutschlandfunk Nova in der Region. "Ein ganz wichtiger Punkt ist, dass von vielen, vielen, Tausenden Festgenommenen jeder Spur fehlt", sagt sie. "Für die Angehörigen gibt es keine Informationen darüber, wo die Menschen sind."
Beer selbst befindet sich gerade im Westen des Landes, wo die Proteste begonnen haben. Sie berichten von patrouillierenden kasachischen Militärs und Checkpoints. "Man muss den Kofferraum aufmachen oder die Papiere zeigen. Es geht aber alles - trotz gepanzerter Fahrzeuge und Maschinengewehren im Anschlag - ruhig und sachlich zu", so die Journalistin.

Medien in Kasachstan staatlich kontrolliert

Beer sieht sich gegenüber einheimischen Journalist*innen in einer privilegierten Position. "Es wurden schon Journalist*innen festgenommen wegen Äußerungen oder Kommentaren in sozialen Netzwerken. Als inländische Journalistin oder Journalist ist es sehr schwierig zu recherchieren", sagt die Deutschlandfunk-Nova-Korrespondentin. Letztere würden in Kasachstan sehr stark kontrolliert.

"Die Meinungsfreiheit ist hier schon sehr stark eingeschränkt."
Korrespondentin Andrea Beer über die Situation in Kasachstan
Zudem werde in Gesprächen mit der Bevölkerung immer wieder deutlich, dass die Menschen bei bestimmten Themen sehr zurückhaltend seien und Angst hätten, darüber zu sprechen. Richtige Proteste wie Anfang Januar erwarte gerade niemand mehr, so Beer.

Vertrauensvorschuss für Präsident Toqajew aus der Bevölkerung

"Interessanterweise haben doch einige gesagt, wir geben dem Präsidenten Toqajew, der einen Schießbefehl (Anmerkung: auf Demonstrierende) erteilt hat und auf dessen Konto wirklich umstrittene Entscheidungen gehen, einen Vertrauensvorschuss, weil er das alte System entmachtet hat", erklärt die Journalistin.

Auslöser der massiven Proteste Anfang des Jahres waren gestiegene Gaspreise. Später weiteten sie sich zu regierungskritischen Demonstrationen im gesamten Land aus. Präsident Kassym-Schomart Tokajew hatte die Unruhen als "versuchten Staatsstreich" organisierter "terroristischer" Kräfte verurteilt.