WestasienWas ist eigentlich dieser Nahe Osten?
Aus europäischer Sicht liegt die Region um Syrien, Iran und Saudi-Arabien im "Nahen Osten". Diese Perspektive kann unsere Sicht auf die Geschichte und Politik der Region verzerren. Ein Vortrag des Politikwissenschaftlers Thomas Demmelhuber.
Die Bezeichnung "Naher Osten" stammt noch aus Zeiten des Römischen Reiches. Von Rom, als Mittelpunkt der Welt gesehen, schließt die Region sich im Osten an. Heute sprechen einige Wissenschaftler*innen deshalb auch von "Westasien". Doch das, sagt Thomas Demmelhuber, impliziert eine andere, ebenfalls nicht neutrale Perspektive, und zwar die aus Sicht Chinas und anderer asiatischer Staaten.
"Der Nahe Osten liegt im nahen Osten aus der Perspektive eines sehr eurozentristischen Blicks auf die Welt."
Es ist schon nicht einfach, die angemessenen Begriffe zu finden, um über die Region zu sprechen. Und noch viel schwieriger ist zu verstehen, was politisch und gesellschaftlich in den Staaten des Nahen Ostens geschieht und wie das, was dort passiert, mit dem Rest der Welt verbunden ist.
Der Nahe Osten und das Weltgeschehen
Der Politikwissenschaftler Thomas Demmelhuber forscht zur Politik und Gesellschaft des Nahen Ostens. In seinem Vortrag zeichnet er die jüngere Geschichte der Region nach, die eng verwoben ist mit dem, was im Rest der Welt geschieht. Der Kalte Krieg zum Beispiel, argumentiert Thomas Demmelhuber, sei im Nahen Osten bereits in den 1970er Jahren zu Ende gegangen – also deutlich früher als im Rest der Welt.
"Das Zeitalter einer unipolaren Weltordnung ist vorbei."
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine, die Handelskonflikte zwischen China, Indien und den USA, das alles spiele heute eine entscheidende Rolle für die Ereignisse im Nahen Osten. Umgekehrt prägten die Ereignisse und die Akteure in der Region das Weltgeschehen. Um das richtig zu verstehen, müssen wir uns von unserem europäischen Blick lösen, sagt Thomas Demmelhuber.
Thomas Demmelhuber ist Professor für Politik und Gesellschaft des Nahen Ostens an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Seinen Vortrag "Der Nahe Osten in der Weltgesellschaft: Brüche und Kontinuitäten" hat er am 1. Juli 2025 in Frankfurt am Main im Rahmen der Ringvorlesung "Der Nahe Osten im Wandel: Zeitgeschichtliche Perspektiven" gehalten. Veranstaltet wurde diese Vorlesungsreihe vom Institut für Studien der Kultur und Religion des Islam der Goethe-Universität Frankfurt am Main.
Tipp: Der Hörsaal ist auf Tour!
Wenn ihr den Hörsaal live erleben wollt, kommt am 19.09.2025 ins Naturkundemuseum in Berlin zum Beats’n’Bones-Podcast-Festivals. Zwischen Saurierskeletten könnt ihr jede Menge Wissenschafts-Podcasts live erleben. Auf der Hörsaal-Bühne gibt es einen Vortrag über Bevölkerungspolitik und Nachhaltigkeit.
Und am 31.10.2025 sind wir beim Silbersalz Science & Media Festival in Halle an der Saale. In dem Talk dort geht es darum, wie Künstliche Intelligenz unsere kollektive Intelligenz und unsere Kommunikation verändert und wie wir damit unser Zusammenleben von morgen gut gestalten können.
Anmerkung zum Bild: Unser Foto zeigt den ägyptischen Präsidenten Anwar Sadat und den amerikanischen Außenminister Henry Kissinger im Februar 1974 vor den Pyramiden.