Schutz für HinweisgeberDas sagt Transparency International zum neuen Whistleblower-Gesetz

Wie ein rechtlicher Schutzschirm für Menschen, die Hinweise auf Missstände geben: Trotz einer gewissen Abschwächung begrüßt Adrian Nennich von Transparency International das neue Whistleblower-Gesetz und erklärt warum.

Julian Assange, Chelsea Manning oder Frances Haugen: Sie alle haben trotz großer Risiken wichtige Informationen geleakt. In Deutschland sollen Whistleblower*innen in Zukunft mit einem neuen Gesetz besser geschützt werden. Damit wird nun mit zwei Jahren Verspätung eine EU-Richtlinie umgesetzt.

"Wir haben immer wieder gesehen, dass bei einem Hinweis am Ende nicht die Person zur Rechenschaft gezogen wurde, die den Verstoß begangen, sondern diejenige, die den Hinweis gegeben hat."
Adrian Nennich, Pressesprecher von Transparency International

Adrian Nennich ist Pressesprecher von Transparency International, einer NGO, die sich gegen Korruption einsetzt. Er begrüßt das neue Gesetz, denn aus seiner Sicht, passiert es viel zu häufig, dass die falschen Menschen strafrechtliche Konsequenzen befürchten müssen – nämlich diejenigen, die den Hinweis auf einen Verstoß gegeben haben.

Bereits 2019 hat die EU eine Richtlinie erlassen, in der es heißt, dass Menschen, die Hinweise auf Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten in ihrem Unternehmen geben, besser geschützt werden müssen. Deutschland hatte diese Richtlinie bisher nicht umgesetzt und wurde 2021 dafür gerügt. Nun ist das neue Gesetz verabschiedet worden.

Sichere Kommunikationswege benennen

Der Weg dorthin war lang: Nachdem der Bundestag das Gesetz im Dezember 2022 endlich beschlossen hatte, wurde es im Januar 2023 vom Bundesrat abgelehnt. Daraufhin wurde im April 2023 ein Vermittlungsausschuss einberufen, der einige Punkte im Gesetzesentwurf verändert hat.

So hieß es vorher, dass Unternehmen ein anonymes Hinweis-Meldesystem einrichten müssen. Daraus ist nun eine Soll-Bestimmung geworden: Unternehmen sind somit nicht dazu verpflichtet. Die Kommunikationswege müssen aber klar sein und Hinweisgeber geschützt werden. Richten sich Unternehmen nicht danach, drohen Bußgelder bis zu 50.000 Euro - zunächst waren Strafen bis zu 100.000 Euro geplant.

"Der Anwendungsbereich soll möglichst breit sein, das bedeutet, dass Hinweise auf sämtliche Straftaten und Ordnungswidrigkeiten möglich und geschützt sein sollen."
Adrian Nennich, Pressesprecher von Transparency International

Ein Kernpunkt der Forderungen von Transparency International war ein möglichst breiter Anwendungsbereich. Das bedeutet, dass möglichst viele Strafbereiche abgedeckt werden und Hinweise sowohl zu sexuellen Übergriffen als auch zu Wirtschaftskriminalität geschützt werden sollen. Das habe die Ampelkoalition in den Verhandlungen zum neuen Gesetz sehr verteidigt, so der Experte. Geldwäsche, Produktsicherheit, Verstöße gegen die Privatsphäre oder den Umweltschutz – die Bandbreite, um die es geht, ist ziemlich groß.

Mehr Transparenz für Hinweisgebende

Inwiefern das Gesetz dazu beiträgt, Korruption und Straftaten einzudämmen, hängt davon ab, wie Unternehmen und Behörden es umsetzen werden. Wichtig ist es aus Sicht von Adrian Nennich, dass durch dieses Gesetz jede Person, die einen Hinweis geben möchte, ohne langwierige juristische Prüfung weiß, ob sie durch das Gesetz geschützt ist oder nicht.

"Viele Dax-Unternehmen haben bereits ein Hinweis-Meldesystem, weil sie wissen, dass es sich am Ende auch wirtschaftlich lohnt, einen großen Skandal zu vermeiden."
Adrian Nennich, Pressesprecher von Transparency International

Adrian Nennich ist sich sicher: Von einem Klima, in dem jede Person ohne Angst haben zu müssen, auf Missstände hinweisen kann, profitieren am Ende alle. Auch für Unternehmen lohnt es sich, frühzeitig davon zu wissen, um einen Skandal zu vermeiden und die Missstände aufzulösen.

Wichtig sei es, eine Speak-up-Culture bei Mitarbeitenden zu entwickeln. Ein Klima der Angst helfe am Ende niemandem. Ob das Gesetz dazu beitragen kann oder noch einmal angepasst werden muss, wird sich in den kommenden Jahren zeigen.