WirtschaftDer Ölpreis geht uns alle an

Die Eskalation im Nahen Osten wirkt sich auch auf die Wirtschaft aus: Öl wird zum Druckmittel im Konflikt und der Ölpreis schwankt extrem. Diese Entwicklung betrifft längst nicht nur Autofahrer.

Bei Benzin spielt Öl eine besonders große Rolle: Der Warenwert des Rohstoffs macht rund 40 Prozent des Benzinpreises aus – dazu kommen ebenfalls hohe Steuern. Doch wer denkt, dass die Schwankungen des Ölpreises nur Autofahrer und Haushalte mit Ölheizungen betreffen, irrt: Öl findet in der Industrie vielfach Anwendung.

"Öl steckt in allen Kunststoffen, in Reinigungsmitteln, Kosmetikartikeln, in Dünger und auch in vielen Medikamenten."
Nicolas Lieven, Wirtschaftsjournalist

Untersuchungen ergaben etwa, dass in neun von zehn medizinischen Tabletten Ölbestände vorhanden sind. Doch auch die Textilindustrie ist auf Öl angewiesen, etwa bei der Herstellung synthetischer Fasern. Aus vielen unserer Kosmetik- und Reinigungsartikeln ist der Rohstoff nicht wegzudenken.

Nahostkonflikt lässt Ölpreise schwanken

Wenn also der Preis von Rohöl steigt, trifft das nicht nur Autofahrer – sondern alle Privathaushalte und die Wirtschaft. In der Eskalation im Nahostkonflikt durch den Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 spielt auch Öl eine Rolle, weshalb der Preis in Zukunft hohen Schwankungen ausgesetzt sein wird, so Wirtschaftsjournalist Nicolas Lieven.

Der Markt reagiere auf gesellschaftliche Entwicklungen: Die Hoffnung auf Vermittlung durch US-Präsident Biden und Bundeskanzler Scholz stieg vor ihren Besuchen in Israel – und ließ auch den Ölpreis wieder sinken. Nachdem die Hoffnungen sich jedoch zerschlagen hatten, schoß auch der Ölpreis wieder in die Höhe.

"Iran ist ein Ölförderungsland, doch der Hauptpunkt ist: Das Land liegt an der Straße von Hormus. 20 Prozent des weltweit transportierten Rohöls passiert diese Meeresverbindung."
Nicolas Lieven, Wirtschaftsjournalist

Die Entwicklungen im Nahen Osten werden sich auch auf den Ölpreis niederschlagen, so Nicolas Lieven. Krisen seien deshalb immer eine gefundene Möglichkeit für Spekulanten.

Eine Schlüsselrolle kommt in diesem Zusammenhang dem Iran zu. Neben dem eigenen Erdölvorkommen, verfügt das Land über eine geopolitisch wichtige Lage: Der Iran liegt an der Straße von Hormus – eine Meeresverbindung zwischen dem Persischen Golf und dem Arabischen Meer.

Straße von Hormus: Iran droht mit Blockaden

20 Prozent des weltweit transportierten Öls passiert diese Meeresverbindung. An der engsten Stelle ist sie 50 Kilometer breit. Doch was breit klingt, lässt sich leicht blockieren: Denn die Fahrrinnen sind jeweils nur drei Kilometer breit.

Die größte Sorge ist, dass der Iran diese Fahrstraßen mit Seeminen, angedrohtem Raketenbeschuss oder Patrouillebooten blockiert, erklärt Nicolas Lieven.

"Eskaliert die Situation weiter, sagen Experten einen Ölpreis im Mittel von 150 Dollar pro Barrel voraus. Das wären 50 Prozent mehr als zum jetzigen Zeitpunkt."
Nicolas Lieven, Wirtschaftsjournalist

Die USA hat bereits Flugträger zur Abschreckung dorthin geschickt. Einige Experten vermuten allerdings, dass der Iran vor Blockademaßnahmen zurückschreckt. Schließlich habe das Land ein Interesse daran, Öl zu verkaufen. Nicolas Lieven sieht ein solches Argument kritisch: Käufer ließen sich auch an anderen Orten finden.

Inwiefern der Ölpreis schwanken wird und ob wir jetzt noch den Tank der Ölheizung auffüllen sollten, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Denn je nach den Entwicklungen wäre es auch möglich, dass der Ölpreis sinken wird. Doch der Wirtschaftsjournalist rät: mit einem völlig leeren Heizöltank sollten wir sowieso nicht in den Winter starten.