DurchziehenWie wir in harten Phasen weitermachen

Nebenjobs, lange Anfahrtszeiten – Ines hat für ihre Ausbildung einiges auf sich genommen. Sarah Schäfer forscht an der TU Braunschweig zu Resilienz und erklärt, was es braucht, um schwierige Phasen gut zu überstehen.

Schon in ihrer Schulzeit war Ines klar: Ich will Physiotherapeutin werden. Ihr Ziel ging sie nach ihrem Abschluss zielstrebig an, bekam einen Ausbildungsplatz, legte los und arbeitete schließlich sechs bis sieben Tage pro Woche.

Ein starkes Warum hilft durchzuhalten

Dass die drei Jahre Ausbildung anstrengend werden würden, damit hatte sie gerechnet, erzählt Ines. Die Physio-Ausbildung, wie sie sie nennt, gilt wegen der Pflichtpraktika und der vielen medizinischen Fächer und des strengen Staatsexamens als anspruchsvoll. Hinzu kam, dass Ines neben der Ausbildung jobben musste. Der Grund: Die Ausbildung zur Physiotherapeutin kostet Geld. Um das aufzubringen, ging Ines an den Wochenenden oder an Feiertagen arbeiten, sei es in einem Pflegeheim, am Fließband oder in der Gastro.

"Die wenige Freizeit und das hohe Lernpensum waren das Anstrengendste in den drei Jahren Ausbildung."
Ines hat für ihre Ausbildung vieles in Kauf genommen

Eine der härteren Phasen war ihr Praktikum in einer Klinik, die mehr als 100 Kilometer entfernt war. Ines Zug ging um halb sechs Uhr morgens. Sie machte das Beste draus und lernte während der Fahrtzeit so gut es ging.

"Was mich motiviert hat, durchzuhalten, war, dass ich einfach wusste, dass ich diesen Job unbedingt machen will."
Ines hat für ihre Ausbildung vieles in Kauf genommen

Dennoch war Ines froh, als die Ausbildungszeit endlich vorbei war und sie das Staatsexamen bestanden hatte. Ihren Job übt sie gerne aus, erzählt sie, weil sie dazu beitragen kann, Beschwerden zu lindern, aber auch weil die Aufgaben an sich abwechslungsreich sind und sie sich ihre Arbeitszeiten endlich flexibel einteilen kann.

Stressphasen sollten nicht zum Dauerzustand werden

Phasen, in denen wir die Zähne zusammenbeißen müssen, gehören zum Leben dazu, sagt Sarah Schäfer, Juniorprofessorin am Institut für Psychologie an der TU Braunschweig. Sie sollten aber nicht länger als ein paar Wochen gehen.

"Wenn man dauerhaft das Gefühl hat, dass man über die eigenen Grenzen geht, ist das ein Alarmsignal, auf das man hören sollte."
Sarah Schäfer, Juniorprofessorin am Institut für Psychologie an der TU Braunschweig

Sarah Schäfer forscht zu Resilienz, also dazu, wie Menschen mit Widerständen und Stress im Leben umgehen. Wichtig ist Sarah Schäfer zu sagen, dass Resilienz keine feste, vorgegebene Eigenschaft ist wie die Haarfarbe oder Körpergröße. Zudem ist es normal, dass man nicht immer gleich resilient ist, sondern es in einer Situation besser, in einer anderen schlechter klappt.

"Es gibt schon so etwas wie eine Stressimpfung, also die Idee, dass wir ein gewisses Stresslevel brauchen, um zu lernen, damit umzugehen. Aber ein hohes Stresslevel ist vor allem bei Kindern schädlich."
Sarah Schäfer, Juniorprofessorin am Institut für Psychologie an der TU Braunschweig

Wer als Kind gelernt hat, mit schwierigen Situation gesund umzugehen, hat sicher Glück und einen Vorteil im Leben. Doch Resilienz lässt sich ein Leben lang lernen, betont Sarah Schäfer. Aus Sicht der Psychologie setzt sie sich aus drei Faktoren zusammen:

  • Selbstwirksamkeit, also der tiefen inneren Überzeugung, Dinge zu schaffen
  • Optimismus, also einer grundlegend positiven Lebenseinstellung
  • der Fähigkeit, die Perspektive zu wechseln und eine neue, positive Sicht auf die Herausforderung zu entwickeln.

Und manchmal, sagt Sarah Schäfer, kann es eine Option sein, etwas nicht mehr weiterzumachen, zum Beispiel, wenn der Stress zum Dauerzustand geworden ist oder sich unsere Ziele und Werte verändert haben. Das sei dann kein Aufgeben, sondern eine kluge Lösung für eine herausfordernde oder uns sogar schadende Situation.