"Gastarbeiter" und IntegrationJournalistin Ferda Ataman: "Nicht die Fehler von früher wiederholen"

Ferda Ataman hat türkische Wurzeln. Ihre Eltern kamen als sogenannte "Gastarbeiter" ins Land. Die Journalistin sagt, aus der Geschichte der türkischen Einwanderung können wir viel lernen - und wir sollten die alten Fehler nicht wiederholen.

Das "Anwerbeabkommen" zwischen Deutschland und der Türkei ist 60 Jahre alt. Rund eine Million Menschen kamen in den 60er- und 70er-Jahren in die Bundesrepublik, um zu arbeiten. Viele sind geblieben.

Aber sind sie auch angekommen? Ihre Nachkommen sind bis heute in wichtigen Bereichen unterrepräsentiert, sagt Ferda Ataman. Sie ist Journalistin, Autorin und Vorsitzende des Vereins "Neue Deutsche Medienmacher*innen".

"In Lehrkräftezimmern, in Parteien, in Medien, in sämtlichen Führungsetagen des Landes sind Menschen aus Einwandererfamilien - und insbesondere auch türkeistämmige - wenig zu sehen."
Ferda Ataman, Journalistin und Autorin

Zum einen gab es damals eine strukturelle Diskriminierung, wie Ferda Atamans eigene Geschichte zeigt: In den 80er Jahren kamen nämlich die Kinder der "Gastarbeiter" fast immer auf Haupt- oder Sonderschulen. Ferdas Mutter hat dagegen protestiert, deswegen konnte sie Abitur machen und studieren. Vielen blieb dieser Weg aber verwehrt.

"Damals sind alle Kinder von Gastarbeitern auf die Haupt- oder Sonderschule geschickt worden."
Ferda Ataman, Journalistin und Autorin

In den größeren deutschen Städten wurden die Kinder oft erst gar nicht in die normalen Klassen gesteckt, berichtet Ataman. Es gab die sogenannten "Türkischklassen", dort waren die Gastarbeiterkinder quasi unter sich. Sie hatten es schwerer, Deutsch zu lernen. Aber es herrschte der Gedanke vor, sie würden mit ihren Familien bald zurückkehren in die Türkei. Das war jedoch meist nicht der Fall.

Viele Deutsche wissen wenig über die Türken im Land

Bis heute hat sich einiges getan und verbessert, sagt Ataman. Es gibt bessere Aufstiegsmöglichkeiten und mehr Präsenz türkischstämmiger Menschen in der Öffentlichkeit. Auf der anderen Seite: "Das Abkommen ist jetzt 60 Jahre alt. Ich habe das Gefühl, dass viele Menschen aus Deutschland super wenig wissen über Leute aus der Türkei."

Deutschland hat viel Erfahrung mit jahrzehntelanger Einwanderung und auch Migrationspolitik. Und ich fände es sehr wichtig, dass wir da nicht die Fehler von früher wiederholen."
Ferda Ataman, Journalistin und Autorin

Manchmal denke sie auch, dass sich die Nachfahren der Eingewanderten noch mehr engagieren sollten - für diejenigen, die neu ankommen: "Wir sind Expertinnen fürs Ankommen in diesem Land", sagt Ataman - mit allen Facetten, die dazugehören. Eingewanderte könnten eine Art "Brückenfunktion" haben für Neuankommende, sie könnten Tipps geben und helfen, Hindernisse bei der Integration aus dem Weg zu räumen.

Unser Foto zeigt die Ankunft von 55 türkischen Gastarbeitern am 27.11.1961 auf dem Flughafen in Düsseldorf.