Prozess gegen mutmaßlichen Halle-AttentäterSo fühlen sich junge Jüdinnen und Juden jetzt in Deutschland

Spätestens seit dem Anschlag auf die Synagoge in Halle fühlen sich viele Jüdinnen und Juden in Deutschland nicht mehr sicher. Wie es jungen jüdischen Menschen während des Prozesses geht und welche Hoffnungen sie haben – darum geht es in dieser Ab 21.

Christina Feist war in der Synagoge in Halle, als am 9. Oktober 2019 ein bewaffneter Mann versucht hat, in den Glaubensort einzudringen und jüdische Menschen zu töten. Heute ist sie Nebenklägerin im Prozess gegen den mutmaßlichen Attentäter, der die Tat gestanden hat.

"Ich habe die Hoffnung, dass es diesmal reicht, um das große Ganze anzusprechen – um über rechte Ideologie und Antisemitismus in Deutschland zu sprechen."
Christina Feist über den Prozess gegen den mutmaßlichen Attentäter von Halle

Jüdisches Leben darf besonders während des Prozesses in Magdeburg nicht auf Antisemitismus reduziert werden, sagt Nina Peretz. Sie ist Mitglied der Berliner Synagoge am Fraenkelufer und ruft über Social Media dazu auf, mehr Geschichten aus dem jüdischen Alltag zu teilen.

Wird jüdisches Leben in Deutschland gut genug geschützt?

Der Journalist und Jurist Ronen Steinke versucht mit seinen Recherchen darauf hinzuweisen, dass antisemitische Gewalttaten regelmäßig in Deutschland passieren: von Handgreiflichkeiten über Brandanschläge auf Synagogen bis zu Terroranschlägen wie in Halle.

Fakten über jüdisches Leben in Deutschland

  • Wie viele Jüdinnen und Juden in Deutschland genau leben, ist nicht ganz klar. Laut dem Zentralrat der Juden waren im Jahr 2019 etwas weniger als 95.000 Menschen Mitglieder der jüdischen Gemeinden in Deutschland. Das ist der niedrigste Wert seit 20 Jahren. Nicht mitgezählt sind dabei die Jüdinnen und Juden, die sich zu keiner jüdischen Gemeinde zugehörig fühlen.
  • Jüdisches Leben in Deutschland ist sehr vielfältig, sodass es große Unterschiede innerhalb und außerhalb der jüdischen Gemeinden gibt: Es gibt liberale, konservative, orthodoxe Glaubensströmungen. Und natürlich auch Menschen, die jüdischer Herkunft sind, aber den jüdischen Glauben nicht praktizieren, also säkular leben.
  • Antisemitismus ist in Deutschland präsent: 2019 gab es bundesweit 2032 polizeilich erfasste antisemitische Übergriffe, so das Innenministerium (die Dunkelziffer wird deutlich höher liegen). Laut einer Studie des Jüdischen Weltkongresses sind antisemitische Gedanken in Deutschland immer noch weit verbreitet.