Tyler RobinsonIst der Attentäter von Charlie Kirk schon zum Tode vorverurteilt?

Er ist wegen Mordes an Charlie Kirk angeklagt. Die Staatsanwaltschaft fordert für Tyler Robinson die Todesstrafe, US-Präsident Trump wünscht sich ein hartes Urteil. Wie fair kann das Verfahren gegen den 22-Jährigen überhaupt noch sein?

Donald Trump wünscht sich die höchstmögliche Strafe für denjenigen, der seinen Freund, den rechten Influencer Charlie Kirk, ermordet hat. Das sagt der US-Präsident bei dessen Trauerfeier. Im US-Bundesstaat Utah, wo der Mordprozess stattfinden wird, ist das die Todesstrafe.

Charlie Kirk ist am 10. September 2025 bei einer Veranstaltung an der Universität in Utah erschossen worden. Er war der Gründer der rechtskonservativen Organisation "Turning Point USA", stand Trump sehr nahe und hatte sich immer wieder offen rassistisch und rechtsextrem geäußert.

Angeklagt wegen Mordes an Charlie Kirk ist der 22-jährige Tyler Robinson aus Utah. Er hat bisher die Aussage verweigert (Stand: 29.09.2025). Es gibt allerdings Textnachrichten, in denen er die Tat zugibt. Es sagt darin, dass er genug von Charlie Kirks Hass gehabt habe.

Forderung der Todesstrafe noch vor Prozessbeginn

Tyler Robinson ist kurz nach der Tat verhaftet worden. Derzeit finden die ersten Anhörungen statt. Sie werden, weil das in Utah rechtlich zulässig ist, live übertragen. Korrespondent Jasper Barenberg verfolgt den Fall. Über die erste Anhörung berichtet er: "Das ist wirklich hart anzusehen. Du siehst Tyler Robinson vor einer weißen Wand. Er trägt eine Weste, die ihn offenbar davon abhalten soll, sich selbst das Leben zu nehmen. Er sitzt in der Zelle, nickt zu verschiedenen Dingen, die im Gerichtssaal gesprochen werden. An einer Stelle sagt er seinen Namen. Dann wird der Bildschirm dunkel. Die Anhörung ist beendet."

"In Utah werden Gerichtsverfahren in der Regel live übertragen. Das heißt, wann auch immer dieser Prozess beginnt: Die Nation wird dabei zugucken."
Jasper Barenberg, Korrespondent in Washington

In der nächsten Zeit sollen weitere Termine vor Gericht stattfinden. Die Ermittlungen dauern noch an. Tyler Robinson ist inzwischen eine Strafverteidigerin zugewiesen worden. Am Ende wird eine Geschworenenjury, die noch ausgewählt werden muss, das Strafmaß festlegen.

Kritik von Amnesty International

Es werden also noch Wochen oder Monate bis zum Prozess vergehen, so Jasper Barenberg. Dennoch hat der Staatsanwalt bereits in diesem frühen Stadium die Todesstrafe gefordert. Gleichzeitig betonte er mehrfach, dass alles getan werde, damit der Angeklagte ein faires und unparteiisches Verfahren bekommt.

Sumit Bhattacharyya hat daran so seine Zweifel. Er ist USA-Experte der deutschen Sektion von Amnesty International und sieht die bisherigen Aussagen sowohl vonseiten der Politik als auch der Staatsanwaltschaft kritisch.

"Die Ermittlungen laufen noch. Zu einem so frühen Zeitpunkt bereits die Todesstrafe zu fordern, kommt einer Vorverurteilung gleich."
Sumit Bhattacharyya, Amnesty International

Amnesty International ist grundsätzlich gegen das Töten von Menschen und damit gegen die Todesstrafe. Studien zeigen, dass viele Todesurteile später wieder aufgehoben werden. Zudem gibt es keine Belege dafür, dass die Androhung der Todesstrafe Menschen von einem Mord abhält.

In Bezug auf den Angeklagten Tyler Robinson sagt Sumit Bhattacharyya: "Es ist nicht einmal bewiesen, dass er die Tat begangen hat. Und selbst wenn, müssen Umstände wie seine geistige und psychische Verfassung berücksichtigt werden. Noch ist gar nicht klar, ob er zum Zeitpunkt der Tat überhaupt schuldfähig war." All das müsse gründlich untersucht werden, und das brauche Zeit. "Seriöse Aussagen sind derzeit nicht möglich."

Einschätzung der Beweislast

Durch die Trump-Administration stehe die Justiz in den USA unter Druck, sagt Sumit Bhattacharyya. Für die Richter, die mit dem Fall Tyler Robinson befasst sind, sieht er derzeit jedoch keine Anhaltspunkte, dass sie politisch beeinflusst werden. Dennoch sagt Bhattacharyya, dass die Richter ein Interesse daran hätten, klare Urteile zu fällen. "Daher denke ich, dass auch ohne politischen Druck die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung relativ hoch ist", sagt er.

Korrespondent Jasper Barenberg verweist auf die Einschätzungen ehemaliger Staatsanwält*innen: "Sie sagen durch die Bank, dass die Beweislast schon ganz am Anfang des Verfahrens, obwohl die Ermittlungen noch laufen, wirklich erdrückend ist." Am Ende, betont der Journalist, bleibt die Frage, ob eine Jury das auch so sieht. "Aber die Wahrscheinlichkeit halte ich für sehr hoch", so Barenberg.