Ehrenamtliche RichterSchöffen: Wenn Laien richten

Recht zu sprechen, ohne Jura studiert zu haben? Das gibt es: Schöffen sind ehrenamtliche Richter und Richterinnen, die bei Verhandlungen helfen, Gerichtsurteile zu fällen. Und es gibt Gründe dafür, weshalb das ein wichtiges Ehrenamt ist.

Einer der bekanntesten ehemaligen Schöffen Deutschlands ist sicherlich Jan Böhmermann. Seine Motivation dieses Ehrenamt zu übernehmen, begründet er mit seinem Drang, sich einmischen zu wollen – seinem Wunsch, Engagement zu zeigen.

In Deutschland gibt es rund 15 Millionen Menschen, die sich in Ehrenämtern für Sportvereine, kirchliche Einrichtungen und Hilfsorganisationen engagieren. Für die meisten Ehrenämter können wir uns bewerben, bei einem Schöffenamt kann es aber auch vorkommen, dass wir dafür ausgelost werden. Denn in den Großstädten bewerben sich in der Regel nicht genug Bürger*innen für das Schöffenamt.

Wer ausgelost wird, hat nur wenig Möglichkeiten, sich freistellen zu lassen. Eine medizinische oder pflegerische Tätigkeit wäre zum Beispiel so ein Grund.

"Was geht in der Person vor, was braucht die Person an Unterstützung? Also es geht nicht nur um drei Monate oder sechs Monate Haft, sondern auch um Anti-Aggressions-Trainings oder Berufsfindung."
Magdalena Schmidt-Weigand, seit vier Jahren Jugendschöffin am Amtsgericht Berlin-Moabit

Magdalena Schmidt-Weigand arbeitet seit vier Jahren als Jugendschöffin am Amtsgericht im Berliner Stadtteil Moabit. Sie wurde nicht ausgelost, sondern hat sich für das Amt beworben und sie möchte es wieder tun, wenn ihre Amtsperiode nach dem fünften Jahr zu Ende geht. In Deutschland sind rund 60.000 Menschen als Haupt- und Ersatzschöffen an Amts- und Landgerichten tätig.

In der Verfassung verankert: Beteiligung von Schöffen an der Rechtsprechung

Magdalena sagt, dass sie viel in diesem Amt gelernt hat, achtsamer Kritik übt und einen differenzierteren Blick auf manches bekommen hat. Eine Robe trägt sie bei ihrer Arbeit als Schöffin nicht, die ist den Berufsrichter*innen vorbehalten. Bei einem Schöffengericht sitzen dem Richter oder der Richterin zwei Schöffen bei, die diesen sogar überstimmen können. Das geschehe aber eher selten, sagt Andreas Höhne, Präsident des Bundesverbands ehrenamtlicher Richterinnen und Richter (DVS).

Durch das Amt fürs Leben lernen

Die Menschen, die auf der Anklagebank sitzen, sind in der Regel zwischen 14 und 21. Verhandelt werden meist Handgreiflichkeiten, Raubüberfälle und auch Sexualdelikte. Wenn die Tat etwas länger zurückliegt, können die Angeklagten auch etwas älter sein. Während des Prozesses will Magdalena nicht nur ein gerechtes Strafmaß finden, sondern auch die Umstände verstehen, die zu solch einer Tat führen konnten.

"Das Amt hat mich verändert, indem ich versuche, differenzierter zu kritisieren. Weil ich erlebt habe, wie komplex unsere Gesellschaft, Politik und Menschen sind."
Magdalena Schmidt-Weigand, seit vier Jahren Jugendschöffin am Amtsgericht Berlin-Moabit

Dass Schöffen an der Rechtssprechung beteiligt werden, ist schon im Grundsatz "Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus" in unserer Verfassung verankert, sagt Andreas Höhne. Schöffen schaffen seiner Meinung nach eine Verbindung zwischen Rechtssprechung und unserem alltäglichen Leben.

Die Schöffen repräsentieren gewissermaßen die Bürger, die durch dieses Amt an der Rechtsprechung teilhaben können. Und sie sorgen als Laien – beispielsweise durch Verständnisfragen – auch für mehr Transparenz. Sie sind somit eine Art interne Kontrollinstanz, die auch für eine gerechte Justiz sorgen soll.

Für die nächste Amtsperiode ab 2024 werden deutschlandweit Schöff*innen gesucht. Bewerben kann man sich ab dem neuen Jahr – nur in Berlin ist der Bewerbungsschluss bereits Ende November 2022. Zwölf Gerichtstermine pro Jahr sind das Maximum.

Voraussetzungen für das Schöffenamt:

  • Alter zwischen 25 und 69 Jahren bei Amtsantritt
  • Die deutsche Staatsangehörigkeit
  • Keine Vorstrafen

Gewisse Berufe sind von vornherein ausgeschlossen: zum Beispiel können Personen in politischen Spitzenämtern oder in justiznahen Berufen keine Schöff*innen werden.

"Die ehrenamtlichen Richter am Strafgericht sind Menschen wie du und ich."
Andreas Höhne, Präsident des Bundesverbands ehrenamtlicher Richterinnen und Richter.