Digital DetoxMit einfachen Tricks Handynutzung besser kontrollieren

Etwa alle zehn Minuten schauen wir auf unser Smartphone und verbringen so unglaublich viel Zeit am Screen. Der Forscher Christian Montag erklärt, mit welchen Mechanismen unsere Aufmerksamkeit aufs Handy gezogen wird und wie wir uns dem entziehen können.

Wir alle haben so eine Gesprächssituation schon mal erlebt: Man unterhält sich und das Gegenüber greift immer wieder zum Smartphone, hat es vielleicht sogar die ganze Zeit in der Hand. Ständig summt es, jedes Mal wird das Gespräch unterbrochen, die Person ist abgelenkt. Genau das will das Gerät erreichen, sagt Christian Montag, der zu Smartphone- und Social-Media-Verhalten forscht.

Das Smartphone will uns ablenken

Man dürfe nicht vergessen, dass die Apps so gestaltet seien, dass sie möglichst viele Informationen sammeln sollen, erklärt der Wissenschaftler. Je mehr Zeit die User und Userinnen in der App verbringen, desto mehr Daten gibt es.

"Viele Daten über den einzelnen Nutzer bedeutet, dass der Nutzer hinter dem Profil besonders gut vorhergesagt werden kann", sagt der Psychologe. Und das könnten die Tech-Firmen dann besonders gut weiterverkaufen.

"Insofern sind diese Plattformen so designet, dass sie darauf abzielen, Online-Zeiten zu verlängern."
Christian Montag, Professor für Molekulare Psychologie

Bei Instagram etwa soll uns der Like-Button ein positives Gefühl verschaffen. Forschende fanden heraus, dass Menschen in den sozialen Kanälen ähnlich wie Laborratten nach den Regeln des Belohnungslernens handeln – jedes Like ist sozusagen ein Leckerli, von dem wir immer mehr wollen. So verbringen wir immer mehr Zeit mit Instagram und Co.

Auch die unendliche Masse an Inhalten führt dazu, dass man länger mit der App beschäftigt ist, als man eigentlich möchte: "Ich kann ja immer weiter scrollen und es kommt immer neuer Content. Das heißt Raum und Zeit wird aufgelöst", beschreibt Christian Montag.

"Wir müssen Veränderungen an unseren Geräten vornehmen, sodass dieser lange Arm der Tech-Konzerne wieder etwas kürzer greift."
Christian Montag, Professor für Molekulare Psychologie

Christian Montag glaubt, dass wir unseren Alltag grundsätzlich so gestalten sollten, dass er sich nicht mehr so stark ums Handy dreht: "Es fängt dabei an, dass wir lernen müssen, uns die Struktur wieder zurückzuerobern."

Das kann so aussehen, dass wir zum Beispiel Push-Benachrichtigungen von Apps abschalten, von denen wir nicht unterbrochen werden wollen. Oder statt der Wecker-Funktion lieber einen echten Wecker im Schlafzimmer zu haben.

Auch wieder eine Armbanduhr zu tragen, sei hilfreich, sagt der Wissenschaftler: "Dass wir also nicht das Smartphone in die Hand nehmen, um die Uhrzeit zu wissen – dann sehe ich eine Nachricht von WhatsApp, und ich mache irgendwas, was ich nicht machen wollte."

Wann werden Handy oder Social Media zur Sucht?

Nachzuvollziehen, ob eine Abhängigkeit oder die Vorstufe davon bei sich selbst oder nahestehenden Personen vorliegt, ist nicht einfach, betont Christian Montag – schließlich gehören Smartphones und Social Media zu unserem Alltag, sodass es schwer sei, einzuschätzen, ob eine krankhafte Störung vorliegt oder nicht.

Zwar sei der Begriff der Smartphone-Abhängigkeit noch sehr umstritten. In der Forschung versuche man trotzdem eindeutige Merkmale dafür zu identifizieren, sagt der Psychologe. Einige davon wären:

  • ständige gedankliche Beschäftigung mit der Social-Media-Plattform oder dem Smartphone, auch wenn man es gerade nicht nutzt
  • Kontrollverlust: wenn Social Media oder das Handy so wichtig werden, dass sie auf Kosten von Freizeittätigkeiten wie Freunde treffen oder Sport und andere Hobbys ausüben
  • Wir sollten uns die Frage stellen: Ist die Nutzung von Social Media so ausgeprägt, dass sie bereits negativ auf unseren Alltag abstrahlt? Dass wir uns etwa weniger produktiv fühlen oder sogar eine (romantische) Beziehung deswegen kaputtgeht?

Christian Montag selbst hat ein Online-Tool für Forschungszwecke entwickelt, mittels dem man die eigenen Smartphone-Nutzungswerte mit denen anderer vergleichen und so selbst reflektieren kann. Wer professionelle Hilfe sucht, kann sich an klassische Suchtberatungsstellen wenden, oder auch spezielle Stellen für Online-Sucht.