Mutter zur Diskussion um Trisomie-21-TestKind mit Down-Syndrom: "Ein Geschenk für die Welt"

Kommt der kostenlose, zuverlässige Test auf Trisomie 21? Simone sieht das kritisch. Sie hat sich nach dem Test für ihren Sohn mit Down-Syndrom entschieden.

Im Bundestag gibt es breite Unterstützung dafür, dass die Krankenkassen künftig auch Bluttests auf Trisomie 21 des Kindes vor der Geburt bezahlen - begrenzt auf sogenannte Risikoschwangerschaften. Das sind allerdings rund 70 Prozent aller Schwangerschaften in Deutschland.

Die Tests sind bisher kostenpflichtig und erst seit 2012 auf dem Markt. Mit ihnen wird untersucht, ob das Kind mit Down-Syndrom, einer Chromosomen-Anomalie, auf die Welt käme. Befürworter, die die Bluttests als Kassenleistung einführen wollen, finden, man müsse allen Schwangeren diese sichere Testmöglichkeit bieten. Für Gegner sind die Bluttests als Kassenleistung schlicht Selektion. Sie befürchten, dass sich wegen der kostenfreien Tests immer weniger Eltern für die Geburt eines Kindes mit Trisomie 21, also dem Down-Syndrom, entscheiden würden.

Heute leben rund 50.000 Menschen mit Down-Syndrom in Deutschland. Zu ihnen gehört auch der Sohn von Simone. Er ist ihr drittes Kind und 13 Monate alt (Stand April 2019). Simone hat während der Schwangerschaft den Bluttest auf Trisomie durchführen lassen, über den gerade diskutiert wird. Bei ihrem Sohn wurde eine Trisomie 21 festgestellt. Der Test wurde nach der 20. Woche auf eigene Kosten durchgeführt, nach einem auffälligen Ultraschall.

Angeborene Behinderungen sind sehr selten

Simone hat den Test machen lassen, obwohl sie sich zu dem Zeitpunkt sicher war, das Kind bekommen zu wollen. Sie hat es gemacht, weil sie Gewissheit haben wollte. Simone ist bis heute sehr zufrieden mit ihrer Entscheidung. Bekannte und ihr öffentliches Umfeld reagieren durchweg positiv auf ihren Sohn, erzählt sie. Dass Bluttests nun zur Kassenleistung werden könnten, die Früherkennung der Trisomie 21 bei Verdacht zum Standard in Schwangerschaften werden könnte, sieht Simone kritisch.

"Ich bin schon kritisch. Es ist nämlich etwas, das Angst macht. Und nach der Geburt ist die Angst weg. Wenn das ein paar Euro kostet, macht man sich doch noch mal kurz Gedanken."
Simone, hat einen kleinen Sohn mit Down-Syndrom

Tatsächlich sind nur wenige Prozent der schweren Behinderungen genetisch bedingt. Laut Statistischem Bundesamt hatten 2018 hatten nur drei Prozent der schwerbehinderten Menschen in Deutschland angeborene oder im ersten Lebensjahr aufgetretene Behinderungen. Die Bluttests, die nun diskutiert werden, beeinflussen also nur diesen geringen Teil. Simone erzählt, dass sie sich nach der Diagnose erst mal über solche Sachen Gedanken gemacht hat wie die äußere Erscheinung ihres Kindes – nicht aber, ob sie das Kind überhaupt bekommen möchte.

"Dann denkt man: Wie sieht mein Kind aus? Sieht es denn schön aus? Aber eigentlich nicht: Das will ich nicht."
Simone, hat einen kleinen Sohn mit Down-Syndrom

Bevor die Bluttests auf den Markt kamen, ließ sich nur mit einer Fruchtwasseruntersuchung abschätzen, ob ein Ungeborenes eine Chromosomen-Anomalie aufweist. Bisher waren die heute bis zu knapp 300 Euro teuren Bluttests von den Schwangeren selbst zu zahlen. Beim Down-Syndrom haben Menschen in jeder Zelle ein Chromosom mehr als andere Menschen.

Eine fast ausgewogene Parlamentsdebatte

Unser Hauptstadt-Korrespondent Volker Finthammer hat die Debatte im Bundestag verfolgt. Er hat die Diskussion als umfassend, gut informiert und fast schon ausgewogen empfunden. Besonders ist ihm in Erinnerung geblieben, wie die Abgeordnete Katrin Helling-Plahr (FDP) ihren inneren Entscheidungsweg darstellte. Sie erwartet selbst ein Kind.

"Ich fand sehr eindrucksvoll das Auftreten der FDP-Abgeordneten Katrin Helling-Plahr, 35 Jahre alt, die tatsächlich ihre eigene Konfliktlage offenlegte."
Volker Finthammer, Deutschlandfunk Hauptstadtstudio

Im Bundestag argumentierten Befürworter der Bluttests, wie der Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach (SPD), diese Testmethode sei sicherer und medizinisch besser als bisherige Verfahren, die bereits Kassenleistung sind. Insofern sei es ethisch nicht zu rechtfertigen, Frauen bessere Tests vorzuenthalten.

Die Abgeordnete Corinna Rüffer (Bündnis 90 / Die Grünen), wandte sich gegen Bluttests als Kassenleistung. Dieser Test könne nicht heilen, weil das Down-Syndrom keine Krankheit sei. Er diene in aller Regel einer Selektion. In den meisten Fällen, in denen ein Down-Syndrom des Ungeborenen erkannt werde, entschieden sich die Eltern für Abtreibung. Corinna Rüffer gehört zu den Initiatoren der Debatte. Mehr als 100 Abgeordnete hatten sich im vergangenen Herbst dafür eingesetzt, um grundlegende ethische Fragen auch bei künftig möglichen Diagnosen zu klären.

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