Rentenpaket verstehen in 20 Minuten? Challenge accepted. Wir schauen drauf, was das Gesetz wirklich bedeutet: Beiträge, Haltelinie, Kosten – und ob die Reform fair ist.
Der Bundestag hat das Rentenpaket der Koalition von Union und SPD mit klarer Mehrheit beschlossen. Bei der namentlichen Abstimmung stimmten am Freitag, den 5.12.2025, 318 von 597 Abgeordneten mit Ja. 53 enthielten sich, 224 votierten gegen die Vorlage.
Felicitas Boeselager berichtet aus dem Hauptstadtstudio des Deutschlandfunks. Sie nennt als die vier entscheidenden Punkte des Pakets:
- die Haltelinie des Rentenniveaus, bis 2031 auf 48 Prozent festgelegt
- die Mütterrente drei, für Frauen, die vor 1992 Kinder bekommen haben
- die Aktivrente, steuerfreie Zuverdienstmöglichkeit für Rentner
- das Betriebsrentenstärkungsgesetz
"Die Aktivrente sagt, dass Rentnerinnen und Rentner steuerfrei bis zu 2000 Euro dazuverdienen können. Das ist wie ein Soft-Opening in eine längere Arbeitszeit."
Besonders umstritten war die Stabilisierung des Rentenniveaus. Vor allem junge Abgeordnete von CDU und CSU hatten diese kritisiert. "Der Kernkonflikt war innerhalb der Union", sagt Felicitas Boeselager.
Ob es eine Mehrheit im Parlament geben würde, war wegen dieses Widerstands in der Union lange unsicher. Letztlich stimmten aber nur sieben Unionsabgeordnete gegen das Rentenpaket.
Altersstruktur als Herausforderung
Immer mehr Alte, immer weniger Junge: Die demografische Entwicklung stellt das Rentensystem in Deutschland vor ein Problem. Felicitas Boeselager weist auf eine Prognose des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln hin. Der zufolge kommen im Jahr 2030 auf eine rentebeziehende Person nur noch 1,5 Rentenbeitragszahlende. Im Jahr 2050 sind es voraussichtlich nur noch 1,3 Rentenbeitragszahlende je rentebeziehende Person.
In dem verabschiedeten Rentenpaket ist nun festgelegt, dass das Rentenniveau bis zum Jahr 2031 auf 48 Prozent des aktuellen Durchschnittseinkommens festgeschrieben ist. Die Junge Gruppe der Union bemängelte hier jedoch Folgekosten von rund 120 Milliarden Euro – und leistete heftigen Widerstand.
Das Rentenniveau ist eine Berechnungsgröße, eine statistische Formel, erklärt Felicitas Boeselager. Diese Berechnung geht von einem Durchschnittslohn eines sozialversicherungspflichtig angestellten Arbeitnehmers aus.
Wenn diese arbeitnehmende Person nun 45 Jahre arbeitet und mit ihrem Arbeitgeber gemeinsam in die Rentenkasse einzahlt, bekäme sie 48 Prozent des aktuellen Durchschnittslohns als Rente ausgezahlt. "Das wären im Moment 1.835,55 Euro", sagt Felicitas Boeselager.
Theoretische Nachhaltigkeit
Ein weiterer zentraler Begriff für die Diskussion um das Rentensystem in Deutschland ist der Nachhaltigkeitsfaktor. "Der wurde eingeführt, um eine Balance zwischen denen herzustellen, die in die Rente einzahlen, und denen, die sie beziehen", erklärt die Berlin-Korrespondentin.
Diese Formel sorgt dafür, dass das Rentenniveau und der Beitragssatz sich ungefähr die Waage halten. Felicitas Boeselager sagt zum nun verabschiedeten Rentenpaket: "Jetzt wird der Nachhaltigkeitsfaktor ausgesetzt. Und damit trotzdem die Beiträge nicht zu sehr steigen, wird das dann aus Steuermitteln finanziert."
"Es ist eine Balance zwischen ‚wie hoch sind die Beiträge‘ und ‚wie hoch ist das Rentenniveau‘. Und damit das fair bleibt, gibt es eine ziemlich komplizierte Formel. Die ist der Nachhaltigkeitsfaktor."
Nun soll das Rentenniveau bis zum Jahr 2031 bei 48 Prozent festgeschrieben werden. Würde der Nachhaltigkeitsfaktor weiterlaufen, wäre das Niveau 2031 bei 47 Prozent. "Die Junge Gruppe will, dass wir ab 2031 bei 47 Prozent weitermachen und nicht bei der Haltelinie von 48 Prozent", sagt Felicitas Boeselager. Die SPD aber beharrte gegenüber der Union darauf, dass 48 Prozent vereinbar waren.
Mit ihren 18 Abgeordneten hätte die Junge Gruppe das Vorhaben blockieren können. Am Ende stimmten sieben Abgeordnete von CDU und CSU mit Nein, davon sechs aus der Jungen Gruppe. Zwei weitere junge Unionspolitiker enthielten sich. Die SPD-Fraktion stimmte geschlossen für das Paket.
Rentenreform 2026
AfD und Grüne lehnten die Vorlage geschlossen ab, die Linke enthielt sich wie angekündigt. Das Paket erhielt damit, wie von Kanzler Friedrich Merz (CDU) gefordert, eine sogenannte Kanzlermehrheit – also eine absolute Mehrheit nicht nur der anwesenden Abgeordneten, sondern aller 630 Mitglieder des Bundestags.
Der Bundeskanzler bezeichnete das verabschiedete Rentenpaket als ersten Schritt in die richtige Richtung. Er kündigte für 2026 eine umfassende Rentenreform an. Das Mittel, um die erforderlichen Kompromisse auszuhandeln, soll eine Rentenkommission sein. Felicitas Boeselager weist darauf hin, dass eigentlich mit dem Rentenpaket auch der Auftrag dieser Rentenkommission habe definiert werden sollen: "Dieser Auftrag wurde wieder kassiert. Deswegen ist nicht so richtig klar, was die machen sollen."
Die Korrespondentin nennt einige Ideen, die zur Reform der Rente im Raum stehen:
- Erhöhung des Renteneintrittsalters
- Einbeziehung von Beamtinnen und Beamten in die gesetzliche Rente
- Kapitalgedeckte Rente (Rente als Anlage)
- Boomer-Soli (Umverteilung von hohen Rentenbezügen zu niedrigeren)
- Änderungen des Rentenniveaus
- Berücksichtigung des Nachhaltigkeitsfaktors
Eines ist allerdings klar: Bis zur parlamentarischen Sommerpause 2026 soll die Arbeit der Rentenkommission bereits abgeschlossen sein. Das setze den politischen Betrieb doch gehörig unter Druck, findet Felicitas Boeselager.
Im März wird in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz gewählt. Im September in Sachsen-Anhalt, Niedersachsen, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern.
"Nächstes Jahr sind wichtige Landtagswahlen, und da geht es für die SPD, aber auch für die CDU, um sehr viel. Und da ist dann die Frage, wie kompromissbereit die beiden Parteien sind."
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