Chinesische Schauspielerin verschwundenRätsel um Fan Bingbing

Das geheimnisvolle Verschwinden der chinesischen Schauspielerin Fan Bingbing gibt weiter Rätsel auf. Seit dem 1. Juli gibt es kein Lebenszeichen von ihr.

Die chinesische Schauspielerin Fan Bingbing ist international erfolgreich, spielt in Filmen wie "X-Men: Zukunft ist Vergangenheit" oder "Iron Man 3" mit, ist im vergangenen Jahr in die Jury der Filmfestspiele in Cannes und in die Oscar-Jury berufen worden und wirbt für mehrere Kosmetikfirmen. Auf der chinesischen Social-Media-Plattform Weibo folgen 60 Millionen Menschen ihrem Account. Doch seit dem 1. Juli hat niemand mehr etwas von ihr gehört.

"Seit dem 1. Juli hat man nichts mehr von ihr gehört und gelesen. Das ist bemerkenswert, weil sie ist die bekannteste und kommerziell erfolgreichste Schauspielerin Chinas, die auch viele Fans in China hat."
Steffen Wurzel, Korrespondent in China

Es gibt viele Mutmaßungen über ihr Verschwinden - die Vermutungen reichen von Flucht ins Ausland bis hin zu "Geheim-Knast" oder Hausarrest. Feststeht, so unser China-Korrespondent Steffen Wurzel, dass gegen Fan Bingbing wegen Steuerhinterziehung ermittelt wird. 

Offizielle Noten für gutes Benehmen

Vor einigen Monaten ist in einer Art Enthüllungssendung im Staatsfernsehen über Steuertricks von Prominenten berichtet worden. In der Sendung wurden zwar keine Namen genannt, sagt Steffen, aber aus den Informationen kann er schließen, dass Fan Bingbing gemeint ist.

"Sie hat wohl Millionen Steuern hinterzogen."
Steffen Wurzel, Korrespondent in China

Vor ein paar Wochen sei eine Art offizielle Vorbildliste mit 100 Prominenten veröffentlicht worden. Ganz oben in der Liste aus Schauspielern, Musikern und Künstlern stehen diejenigen, die sich sehr gut in der Öffentlichkeit benehmen und sich positiv über die Regierung äußern. "Fan Bingbing landete mit Null Punkten auf dem letzten Platz", berichtet Steffen.

Null Punkte für Fan Bingbing

Wie diese Liste zustande kommt, sei völlig intransparent, sagt Steffen. Offensichtlich sei aber, dass man Fan Bingbing, die auf dem letzten Platz gelandet ist, zeigen will, dass man mit ihrem Verhalten nicht zufrieden ist.

Auf Chinas Social-Media-Kanälen wird darüber spekuliert, was wohl mit Fan Bingbing geschehen sei. Dabei müsse einem immer klar sein, sagt Steffen, dass China eine Diktatur ist, in der es keinen Journalismus im klassischen Sinne gibt. "Alles, was journalistisch an Texten, Audios, Videos veröffentlicht wird, ist zu 100 Prozent vom Staat vorgegeben oder kontrolliert." Deshalb bestehe die "Diskussion" um Fan Bingbing vor allem aus "selbst kreierten Gerüchte-Texten".

Verschwindenlassen ist "normal"

Steffen hat außerhalb der Social-Media-Blase mit Menschen auf der Straße gesprochen, die eine sehr nüchterne Einschätzung zu dem Verschwinden haben: "Ja, gut, sie ist verschwunden, das passiert eben in China. Sie wird wahrscheinlich irgendwas gemacht haben."

Ob mit dem Verschwinden von Fan Bingbing ein Exempel statuiert werden soll, ist ungewiss. Aber allein die Tatsache, dass gegen Fan Bingbing ermittelt werde und sie jetzt verschwunden sei, sendet ein Signal aus an die Bevölkerung, meint Steffen. Vor allem sei es eine Warnung an viele andere Prominente und Reiche in China, keine Steuern zu hinterziehen. 

"Es passiert nicht jeden Tag, dass Menschen verschwinden. Aber es passiert, weil China kein Rechtsstaat ist."
Steffen Wurzel, Korrespondent in China

Menschen verschwinden zu lassen, sei grundsätzliche eine Methode des repressiven chinesischen Regimes. Die Verschwundenen seien aber meist bei uns eher unbekannt, sagt Steffen. Es handele sich um Blogger, LGTB-Aktivisten, Umweltschützer - Menschen, die schon lange und öffentlichkeitswirksam das Regime kritisieren und sich gegen die staatliche Willkür wehren, gegen die von staatlicher Seite ermittelt und Anklage erhoben werde. 

Meist würden diese Menschen einfach verschwinden, sagt Steffen: "Die haben keine Lobby wie Fan Bingbing." Dass Menschen einfach verschwinden, sei nicht alltäglich in China. Aber es passiere, weil es keinen Rechtsstaat gebe.

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