Alte ZeitenWarum Nostalgie uns gut tun kann

Nostalgie? Früher war mehr Pokemon Go und weniger Covid, erinnert sich der Satiriker El Hotzo. Wie sich die heutige Bedeutung des Ausdrucks Nostalgie entwickelt hat, erklärt der Historiker Tobias Becker.

Ach, damals schien der Weltfriede so nah, Covid war unbekannt. Die Handys hatten noch viele Tasten und der Bauch vielleicht ein paar mehr Muskeln. Nostalgie ist diese leicht wehmütige Sehnsucht nach Vergangenem. Dieses Gefühl bezieht sich allgemein auf frühere Lebensumstände und Erinnerungen, auf sich selbst oder andere und auf Gegenstände und den Umgang mit ihnen.

"Ich glaube, der Rhythmus in dem wir nostalgisch sind, hat sich dramatisch verkürzt. Auf einmal sind wir nostalgisch für das Jahr 2019."
Sebastian Hotz, aka El Hotzo, Gagschreiber

Seine Nostalgie bezieht Sebastian Hotz, besser bekannt als El Hotzo, auf bestimmte Pop-Punk Bands aus den Nullerjahren, auf Pokemon-Go in seiner Klausurphase 2016 und bestimmt auch auf die Zeit vor Corona. Er sagt über die Zehnerjahre: "Vielleicht müssen wir uns mal neue Pop-Kultur ausdenken, damit uns die Nostalgie nicht ausgeht."

Dieser Embed kann leider nur direkt auf der Webseite von Deutschlandfunk Nova angezeigt werden.

Eigentlich sei Nostalgie eher eine Sache der Generation seiner Eltern, findet er. Für ihn sind Besuche bei seinen Eltern immer richtige Nostalgietrips.

Nostalgie ist Definitionssache

Zum ersten Mal ist der Begriff Nostalgie im 17. Jahrhundert aufgetaucht. Die heutige Bedeutung hat er erst seit den 1960er- und 70er-Jahren, sagt der Historiker Tobias Becker. Davor bedeutete Nostalgie eher so etwas wie Heimweh.

Und weil der Begriff schon so häufig seine Bedeutung geändert hat, ist Tobias der Ausdruck "Retro" lieber. Nostalgie als wehmütige Zuwendung zu vergangenen Zeiten sei eine ziemlich individuelle Angelegenheit.

"Der Begriff Nostalgie stammt von 1688, aber dieses sentimentale Rückblicken, was er heute für uns bedeutet, ist er erst seit den 1970er-Jahren."
Tobias Becker, Historiker, Freie Universität Berlin

In den 1960er- und vor allem den 1970er-Jahren habe eine Reihe von Intellektuellen begonnen, in vielen kulturellen Bereichen Nostalgie auszumachen. Tobias Becker vertritt die These, dass gerade in dieser Zeit Zukunfts- und Fortschrittsglaube in die Kritik geraten sind - daher wurde der Blick in ein verklärtes "Damals" wichtiger.