• Deutschlandfunk App
  • ARD Audiothek
  • Spotify
  • Apple Podcasts
  • Abonnieren

Frühjahr 1948: Eine Gruppe von Ökonomen und US-Militärs entwickelt in einer streng geheimen Operation die neue westdeutsche Währung – und riskiert damit eine Eskalation im Kalten Krieg. In dieser Folge gehen Gregor und Marcus der Frage nach, wie Ökonomen zu Geheimagenten werden und wieso die Entwicklung einer Währung ziemliche Sprengkraft haben kann.

In Deutschland erzählt man sich gern: Der Vater der D-Mark? Das war doch Ludwig Erhard. Aber stimmt das wirklich? Oder war es in Wahrheit eine Gruppe von Ökonomen und US-Militärs, die 1948 in einem nordhessischen Dorf über die Zukunft der westdeutschen Währung entschied – und dabei nebenbei fast eine riesige Eskalation riskierte... Die Entstehung der D-Mark ist tatsächlich ein echter Geheimagententhriller.

Topsecret: Ökonomen, die zu Geheimagenten werden

Im Frühjahr 1948 werden 11 deutsche Finanzexperten und Ökonom*innen von der US-amerikanischen Militärregierung auf eine Mission geschickt. Sie sollen unter strengster Geheimhaltung die Einführung einer neuen Währung vorantreiben – in einem unscheinbaren Kasernengelände im nordhessischen Ort Rothwesten.

"Selbst der amerikanische Kasernenkommandant hat nicht gewusst, wen er hier in seiner Anlage beherbergt."
York Hilgenberg, Vorsitzender des Museumsvereins Währungseform 1948

Denn: Die Einführung einer neuen Währung ist nicht nur ökonomisch hochbrisant, sondern auch politisch. Würde der Westen eigenmächtig eine eigene Währung in einem Teil Deutschlands einführen, käme das einer endgültigen Teilung des Landes gleich. Ein klarer Bruch der Vereinbarungen, die man mit der Sowjetunion getroffen hatte.

Ein Angriff mit Geldscheinen

Es gibt da noch ein weiteres Bedrohungsszenario, das die Entwicklung der D-Mark so heikel macht: Wenn in Westdeutschland nämlich plötzlich neues, wertvolles Geld im Umlauf ist, könnten Händler und Privatleute ihre Waren aus der Ostzone abziehen und im Westen verkaufen.

Gleichzeitig wäre da das Risiko, dass der Osten mit den wertlos gewordenen Reichsmark aus dem Westen überschwemmt wird. Wer also zuerst eine neue Währung einführt, startet – überspitzt gesagt – einen politischen und ökonomischen Überraschungsangriff, geführt nicht mit Raketen, sondern mit Geldscheinen.

Der wahre Vater der Deutschen Mark

Vor dem Hintergrund des Kalten Kriegs ist die Lage angespannt. In den Protokollen der geheimen Beratungen in Rothwesten taucht dabei immer wieder eine mysteriöse Person auf:

"Donnerstag, 3. Juni 1948: Besprechung mit Mr. T."
Wilhelmine Dreißig, Ökonomin und Teilnehmerin der Beratungen

Auch in den Anweisungen an das Wachpersonal wird der Name mehrfach erwähnt. Hinter dem Kürzel verbirgt sich der US-amerikanische Offizier Edward Tenenbaum, der mit gerade einmal 26 Jahren die organisatorische und fachliche Leitung der Geheimoperation "D-Mark" übernimmt – und das mit Erfolg.

Die Währungsreform gelingt und bildet die Basis für den wirtschaftlichen Erfolg der späteren Bundesrepublik Deutschland. Gleichzeitig stößt die überraschende Einführung der D-Mark die Sowjetunion vor den Kopf – mit dramatischen Folgen: Die Blockade von Berlin beginnt.

In dieser Folge von "What the Wirtschaft" gehen Gregor und Marcus der Frage nach, wie Ökonomen zu Geheimagenten werden und die Entwicklung einer Währung zu einem kritischen Moment im Kalten Krieg führte. Habt ihr auch manchmal einen WTF-Moment, wenn es um Wirtschaft und Finanzen geht? Wir freuen uns über eure Themenvorschläge und Feedback an whatthewirtschaft@deutschlandfunknova.de.

Habt ihr auch manchmal einen WTF-Moment, wenn es um Wirtschaft und Finanzen geht? Wir freuen uns über eure Themenvorschläge und Feedback an whatthewirtschaft@deutschlandfunknova.de.

Shownotes
Agentenkrimi D-Mark
Warum eine Währung im Geheimen entwickelt wurde
vom 31. Juli 2025
Gesprächspartner: 
York Hilgenberg, engagiert sich ehrenamtlich im Museumsverein Währungsform 1948 e.V.
Hosts: 
Gregor Lischka, Marcus Wolf
Faktencheck: 
Kathrin Krautwasser und Jule Dieterle
Produktion: 
Norman Wollmacher
Redaktion: 
Anne Göbel
  • Missionsziel - Eine neue Währung für Westdeutschland
  • Edward Tenenbaum - Wer ist Mr. T?
  • Nachkriegspolitik - Was die Berliner Luftbrücke mit der neuen Währung zu tun hat
  • Wahres für Bares / Fazit
Die Quellen zur Folge:
  • Holtfrerich, C-L. (2024). Edward A. Tenenbaum and the Deutschmark: How an American Jew Became the Father of Germany’s Postwar Economic Revival. Cambridge University Press.
  • Bietau, P. (2024). Das Konklave von Rothwesten: Wiege der westzonalen Währungsreform von 1948. Wiesbaden: Hessische Landeszentrale für politische Bildung.