Viele Unternehmen versuchen mithilfe von Extras – wie zum Beispiel Weiterbildung, flexiblen Arbeitsmöglichkeiten oder Gesundheitskursen – neues Personal zu rekrutieren. Aber was bringen uns diese Goodies? Und wie ehrlich werden die auch umgesetzt?

Bereits in den Stellenanzeigen erfährt man viel über Sonderleistungen – mehr als über das eigentliche Gehalt. Denn das wird ungern festgeschrieben, ergibt eine Analyse der Bertelsmann Stiftung. Die Stiftung kommt auch zu dem Schluss: Diese sogenannten Corporate Benefits gibt es vor allem für Spitzenpositionen. Menschen, die in körperlichen Berufen arbeiten, wie etwa in der Krankenpflege, profitieren davon eher nicht.

Die Zusatzangebote lesen sich meist gut: Flache Hierarchien, das kostenlose Obst in der Küche oder Sonderzahlungen. Was nach Wertschätzung für die neue Arbeitskraft klingt, ist Strategie. Abena aus Berlin ist gerade arbeitssuchend, sie lässt sich davon nicht blenden: "Ein Obstkorb ist für mich fast selbstverständlich. Also, dass du Wasser und Snacks bekommst – ich bin da ja den ganzen Tag!"

"Im Endeffekt will ich für meine Arbeit gut bezahlt werden und mich dabei gut fühlen, und das ist im Prinzip durch Freizeitausgleich und finanzielle Vergütung."
Abena aus Berlin, arbeitssuchend

Wenn Abena von Früchten im Stellenangebot liest, rollt sie die Augen und bewirbt sich eher nicht. Für Markus Väth, Autor des Buchs "Radikales Arbeiten", ist diese Reaktion keine Überraschung. Was ihm in Stellenanzeigen oft fehlt, ist eine authentische Vermittlung der Unternehmenskultur und auch eine Anpassung an die Person, die gesucht wird. "Man muss unterscheiden, was sind echte Benefits und was sind unechte Benefits. Und ich glaube, die jungen Leute entwickeln halt eine Nase dafür, wenn man sie verarschen will", sagt der Autor.

"Die Personalabteilungen müssten eigentlich mal so eine Liste durchgehen und sagen: 'Können wir das wirklich noch reinschreiben?'"
Markus Väth, Autor des Buchs "Radikales Arbeiten",

Seiner Meinung nach haben junge Arbeitnehmende manchmal zu hohe Ansprüche. Aber, man muss der GenZ und den Millennials auch zugestehen: Die Miet- und Lebenshaltungskosten in deutschen Städten steigen – und damit auch die Erwartungen, wie sie diese mit ihrer Arbeit finanzieren können. Gleichzeitig rückt ein anderes Phänomen bei vielen in den Vordergrund: die Flexibilität.

Flexibles Arbeiten ist gefragt

Fati aus Köln ist es zum Beispiel nicht wichtig, mit ihrem Job besonders reich zu werden, sondern sie will einen Arbeitgeber, der ihr vertraut und ihre Grenzen nicht überschreitet. "Mich interessieren hauptsächlich die Benefits wie Homeoffice und Sportangebote. Also das, was auf Work-Life-Balance abzielt, weil ich finde es einfach in der heutigen Zeit sehr wichtig, dass ich meine Flexibilität habe und dass ich mal im Homeoffice oder mobil arbeiten kann. Das heißt auch, dass ich dann den Urlaub verlängern und dort noch arbeiten kann", sagt sie.

Solche Wünsche sind längst kein Einzelfall mehr, sagt Arbeitsexperte Markus Väth. Gerade junge Arbeitnehmer*innen hätten während der Pandemie erlebt, wie gut Arbeiten von überall funktioniert. Er rät, zu schauen, welche Stellenangebote und Benefits durchdacht klingen.

"Eine gute Stellenanzeige – da schreibe ich lieber weniger, aber dann sinnvolle Sachen."
Markus Väth, Arbeitsexperte

Markus Väth findet, Stellenanzeigen sollten mehr Auskunft über den wirklichen Arbeitsalltag und über die Förderung von Mitarbeitenden informieren. Wie zum Beispiel einen Benefit, den Abena bei ihrer Jobsuche entdeckt hat: In dem Unternehmen gab es die Möglichkeit, in allen Büros der Firma – auf der ganzen Welt – zwei Wochen lang zu arbeiten. "Das hat so gewirkt, als wären die sehr engagiert, in Bezug auf die Zufriedenheit von den Mitarbeitenden und sich Gedanken gemacht haben, 'Okay, was ist vielleicht nicht so Standard, was man bekommt'. Das war voll das gute Zeichen für mich.“

Der psychologische Arbeitsvertrag

Bis der Vertrag unterzeichnet ist und Jobsuchende in einem Betrieb angefangen haben, ist allerdings noch gar nicht klar, ob die Benefits auch wirklich eintreffen. Markus Väth spricht deswegen von einem "psychologischen Arbeitsvertrag", den man im Vorfeld abklopfen sollte.

Damit ist gemeint, im Vorstellungsgespräch bei den Versprechen aus der Stellenanzeige nachzuhaken und auch unausgesprochenen Erwartungen offen zu nennen: Wie regelt ihr Überstunden? Wie flexibel sind die Arbeitszeiten? Kann ich mich hier so weiterbilden, wie ihr es ausschreibt? Wenn der künftige Arbeitgeber darauf nur schwer antworten kann, macht er sich unglaubwürdig. Das lässt erahnen, welche Benefits mehr eine Lockmethode sind, als ein wahres Versprechen. Und es hilft uns bei der Entscheidung, für welches Unternehmen wir wirklich arbeiten wollen.

Shownotes
Sonderleistungen
Homeoffice, Obstkorb, Gleitzeit: Wie Firmen mit Benefits werben
vom 22. Juli 2025
Autorin: 
Elena Bavandpoori