Nuri hat sich auf der Arbeit in ihren heutigen Ehemann verliebt. Rechtlich gesehen ist eine Beziehung am Arbeitsplatz in der Regel kein Problem. Damit es auch privat gut läuft, sollten Paare ein paar Tipps beachten.
Es gab eine Zeit, in der Nuri besonders gerne zur Arbeit gegangen ist: die Zeit, in der sie ihren heutigen Ehemann kennengelernt hat. Die beiden sind durch ihren Job zusammengekommen. Damals haben sie zusammen in einer Eisfabrik gearbeitet.
Liebe auf den ersten Blick war es aber eher nicht, sagt Nuri. Sie und ihr Partner sind sich zwar schon an ihrem ersten Arbeitstag begegnet. Aber Nuri war überfordert mit allen neuen Infos, hatte kaum Zeit für eine Pause und war in Gedanken ganz woanders.
Dann ist erstmal nichts weiter passiert. Erst als Nuri ihren Mann mit der Zeit mehr kennengelernt hat und sie zusammen mit einer Gruppe Arbeitskolleg*innen auch mal was in ihrer Freizeit unternommen haben, hat es gefunkt.
"Auf der Arbeit waren wir wirklich nur Arbeitskollegen. Wir haben nicht Verstecken oder so was gespielt. Wenn man dann privat war, konnte man sich eher nochmal wieder näher kommen."
Für Nuri war das okay, weil für sie klar war, dass sie den Job in der Eisfabrik nur vorübergehend machen möchte. Die beiden haben sich in ihren Rollen als Kolleg*innen auch professionell verhalten, erzählt sie. Besonders als sie angefangen haben, sich zu daten, haben sie ihre Verliebtheit auf der Arbeit eher versteckt. "Wir wussten auch nicht, wie die Kollegenschaft reagiert", sagt Nuri.
"Ich glaube schon, dass die Kollegen das gemerkt haben. Aber sie sind uns eigentlich sehr positiv begegnet."
Sie vermutet aber schon, dass die anderen gemerkt haben, wie auffallend gut sich die zwei verstehen. Und diejenigen, die dann Bescheid wussten, haben sich sehr für Nuri und ihren Partner gefreut, erinnert sie sich. Ein offizielles Aufklärungsgespräch innerhalb des Teams gab es aber keines.
Liebe am Arbeitsplatz: Arbeitsrecht
Rechtlich gesehen ist das auch nicht zwingend nötig. Dating am Arbeitsplatz ist in Deutschland nicht gleich ein No-Go. "Jeder Mensch hat ein Recht auf Privatleben und das endet nicht im Büro. Das heißt: Wenn sich zwei am Arbeitsplatz verlieben, dann darf der Arbeitgeber das nicht verbieten", erklärt Julia Pfrogner. Sie ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht.
"Jeder Mensch hat ein Recht auf Privatleben und das endet nicht im Büro."
Eine Beziehung muss grundsätzlich auch nicht gemeldet werden. Es gibt aber Ausnahmen. Dabei kommt es darauf an, welche Positionen die Personen im Unternehmen jeweils haben und in welchem Verhältnis sie zueinenader stehen.
Entsteht durch die Beziehung zum Beispiel ein Interessenkonflikt, sollte man das melden, erklärt die Arbeitsrechtlerin. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn die Chefin mit einem Mitarbeiter zusammenkommt. Hier könnte es zum Konflikt kommen, weil die Chefin direkt über ihren Mitarbeiter entscheidet. Sie ist weisungsbefugt.
In größeren Unternehmen gibt es für solche Fälle auch Richtlinien. Die sollen beispielweise Machtmissbrauch verhindern oder auch dafür sorgen, dass andere Beschäftigte durch die Beziehung nicht benachteiligt werden.
Austauschen über Probleme und Hürden
Bei Nuri und ihrem Mann war alles gut, weil die beiden Kolleg*innen auf Augenhöhe waren. Ihr Job hat die beiden also verbunden. Alleine schon deshalb, weil sie dort die meiste Zeit des Tages zusammen verbracht haben: Sie haben sich vor, während und nach der Arbeit gesehen.
Der Arbeitsplatz ist damit auch ein Ort der Begegnung. Das heißt: Auch dort können Freundschaften und Beziehungen entstehen. "Wenn man mit seiner Arbeit verbunden ist und das gerne macht, schweißt das natürlich irgendwo zusammen. Wenn wir Nine-to-five machen, ist man automatisch diese acht Stunden zusammen und hat dadurch natürlich die Möglichkeit, sich immer besser kennenzulernen", sagt Wirtschaftspsychologe und Paartherapeut Maximilian Popp.
"Wenn man mit seiner Arbeit verbunden ist und das gerne macht, schweißt das natürlich irgendwo zusammen."
Wenn wir unsere Kolleg*innen daten, könne es sich lohnen, sich bestimmte Fragen zu stellen:
- Wie gehe ich jetzt mit meinen Kollegen um? Wann möchte ich sagen, dass wir zusammen sind?
- Bin ich dazu bereit, Arbeit und Liebe zu verbinden?
- Wie schaffe ich es auf der Arbeit immer noch, eine sachliche Haltung einzugehen? Wie gehe ich damit um, wenn mein Partner mir auf der Arbeit beispielsweise Kritik gibt?
Wer als Paar auch beruflich miteinander zu tun hat, der sollte sich bewusst machen, dass hier verschieden Rollen zusammenkommen, so Maximilian Popp. In der Paarbeziehung gebe es demnach die Rolle der Partnerin/des Partners und zusätzlich die der Kollegin/des Kollegen. "Es ist total wichtig, sich klar zu machen, dass wir manchmal aus verschiedenen Perspektiven und Rollen handeln müssen, die uns dann auch zwingen, bestimmte Handlungen zu vollführen", erklärt der Paartherapeut und Wirtschaftspsychologe.
Check-in als Paar
Was hier helfen könne, ist ein regelmäßiger Check-in. Das bedeutet: Einmal in der Woche oder alle zwei Wochen für eine halbe Stunde als Paar darüber sprechen:
- Was nimmt Einfluss auf unser Privatleben?
- Was ist gut gelaufen, was ist nicht so gut gelaufen?
- Wie kannst du lesen, wenn ich bestimmte Sachen sage?
Eine Kritik auf der Arbeit zum Beispiel sollte innerhalb der Paarbeziehung nicht als Kritik der Partnerin verstanden werden, sondern die der Kollegin.
Nuri und ihr Mann arbeiten mittlerweile für unterschiedliche Arbeitgebeber, weil sich das so ergeben hat. Sie erinnert sich aber gerne an die Zeit damals zurück. "Ich finde es trotzdem gut, dass es jetzt getrennt ist, aber wir haben uns wirklich so enorm auf die Arbeit gefreut. Die Arbeit hat in dieser Zeit superviel Spaß gemacht", sagt sie.
Hinweis: Das Bild im Header ist ein Symbolbild. Es zeigt nicht Nuri und ihren Mann.
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