In Deutschland wird so viel Alkohol getrunken, wie in kaum einem anderen Land in Europa. Das besagt eine Studie der OECD. Wir versuchen der Normalität und der Attraktivität von Alkohol mit Proseccolaune-Podcaster Chris Nanoo auf die Spur zu kommen. Der Toxikologe Florian Eyer erklärt, wie wir unseren Alkoholkonsum selbst einschätzen können, was der kurzzeitige Verzicht auf Alkohol bringt und ab wann wir uns Gedanken machen sollten.

Chris Nanoo hostet einen Podcast, in dem der Name "Prossecolaune" auch meistens in die Tat umgesetzt wird. Sein Beziehungsstatus zum Alkohol bezeichnet Chris selbst aktuell als relativ "human". Normalerweise trinkt er an ein bis zwei Tagen in der Woche. Im Dezember und an den Feiertagen war es anders, sagt Chris. Da hat er öfter die Korken knallen lassen. Gemerkt hat er den Alkohol nicht nur im Blut sondern auch direkt auf den Hüften, denn Alkohol kann auch ansetzen. Chris möchte gerade etwas abnehmen, trotzdem gibt es für ihn Gelegenheiten, bei denen Alkohol im Moment noch dazu gehört.

"Bei Feierlichkeiten auf jeden Fall, abends, wenn man ein schönes Essen hat, und nach einer Show zur Belohnung muss es auch immer ein Getränk sein. Irgendwie hat man sich so was angewöhnt."
Podcaster Chris darüber, wann Alkohol für ihn dazu gehört

Chris hat mehr getrunken, als er noch in der Gastro gearbeitet hat. Dort gehört ein Getränk nach Dienstende dazu, um sich auszutauschen. Inzwischen verzichtet er aber bewusst auf die Feierabendbiere.

Wie kann ich meinen Alkoholkonsum einschätzen

Laut der OECD-Studie trinken wir Deutschen (über 15 Jahre) rund 13 Liter reinen Alkohol im Jahr. Das entspricht etwa zweieinhalb Flaschen Wein oder fünf Liter Bier pro Person in der Woche.

Beim Alkohol trinken gibt es unterschiedliche Typen, zum einen die Leute, die gerne jeden Tag ein Feierabendbier trinken oder andere, die nur am Wochenende auf den Putz hauen - dann aber richtig. Florian Eyer, Professor für Toxikologie an der TU München, erklärt, dass es so was wie eine gesunde Wochendosis nicht gibt. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt jedoch, eine Tagesmenge von 12 Gramm Ethanol (also reinem Trinkalkohol) bei Frauen und 24 Gramm Ethanol bei Männern nicht zu überschreiten. Zum Vergleich: ein halber Liter Bier hat 20 Gramm Ethanol und ein kleines 0,1-Glas Wein ebenfalls. Wenn dieser Wert regelmäßig überschritten wird, kann es zu körperlichen Schädigungen kommen.

Warum es trotzdem gut sein kann, nicht täglich kleine Mengen zu trinken

Die Wochenend-Partygänger, die gerne mal mehr als ein alkoholisches Getränk zu sich nehmen, sind aber dennoch im Vorteil, was die Suchtgefahr angeht, sagt der Toxikologe. Das Gehirn lernt, dass der Verzicht auf Alkohol an fünf oder sechs Tagen in der Woche normal ist.

"Wenn man täglich kleinere Mengen Alkohol konsumiert, dann ist das Gehirn irgendwann konditioniert. Und wenn man dann zwei Tage nicht trinkt, gibt es möglicherweise Rückmeldungen vom Gehirn: 'Hallo, wo ist mein Alkohol heute?'"
Florian Eyer, Professor für Toxikologie

Wer sich in noch mehr Verzicht übt – und zum Beispiel im 'Dry January' keinen Alkohol trinkt – der spürt kurzfristig einen positiven Effekt auf den Körper. Schon nach zwei bis vier Wochen erholen sich zum Beispiel die Leberwerte. Wer danach aber wieder regelmäßig ins Trinken einsteigt, der verspielt die positive Auswirkung wieder. Generell ist Abstinenz, egal ob im Januar, während der Fastenzeit oder einfach so, aber gut für jeden und jede, um zu prüfen, wie schwer es uns fällt, auf Alkohol zu verzichten. Wer damit schon Probleme hat, sollte sich fragen, ob der Alkohol schon Suchtcharakter hat, rät der Toxikologe.

Was wir von anderen Ländern lernen können

Schnell wird angenommen, dass Nationen wie Frankreich und Italien beim Alkoholkonsum übertreiben. Das entspricht aber nicht der Realität. Der Toxikologe klärt auf, was wir Deutschen in Bezug auf Casual Drinking von diesen Ländern lernen können.

Sie konsumieren Alkohol mit Klasse und fast immer begleitet von einer Mahlzeit. Italiener*innen haben auch oft keine richtigen Weingläser, sondern trinken aus einem kleinen Wasserglas. Das Glas trinken sie dann während der Mahlzeit und damit ist auch gut.
Florian Eyer, Toxikologe, darüber was Deutsche sich beim Alkoholgenuss abschauen können

In Deutschland wird häufig der Fehler begangen, während des Essens ein Bier zu trinken, aber nach dem Essen dann noch eine Flasche Wein zu öffnen oder sich einen Absacker zu gönnen. Was lernen wir von den anderen? Einfach mal den Wein im Regal lassen. Und wenn wir doch zugreifen, dann lieber während des Essens ein kleines Glas mit Genuss trinken.

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Shownotes
Casual Drinking
Was unser Alkoholkonsum über uns verrät
vom 20. Januar 2022
Moderatorin: 
Shalin Rogall
Gast: 
Florian Eyer, Professor für Toxikologie an der TU München
Gast: 
Chris Nanoo, Podcaster "Proseccolaune"