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Es wird keine Zusammenarbeit mit der AfD geben, betont Kanzler Friedrich Merz. Eine Strategie gegen die Konkurrenz von rechts hat er aber auch nicht. Politikwissenschaftler Marcel Lewandowsky warnt: Das könnte nach hinten losgehen.

Wie soll die CDU mit der AfD umgehen? Diese Frage hat die CDU auf ihrer Klausurtagung am Wochenende erneut beschäftigt. Denn die in Teilen rechtsextreme Partei werde bei den Landtagswahlen im kommenden Jahr "unser Hauptgegner", erklärte Bundeskanzler Friedrich Merz.

Zur Strategie der CDU erklärte er, man werde sich inhaltlich "sehr klar und sehr deutlich" von der AfD abgrenzen. Eine Zusammenarbeit schließt der CDU-Vorsitzende weiterhin aus.

Doch wie tragfähig ist diese Strategie – und wie wirkt sie in den Ländern, wo die AfD längst stärkste Kraft ist?

"Wir sind das letzte Bollwerk."
Andreas Bühl, CDU-Fraktionsvorsitzender im Thüringer Landtag

Andreas Bühl, CDU-Fraktionsvorsitzender im Thüringer Landtag, sieht die Verantwortung seiner Partei deutlich: "Wir sind das letzte Bollwerk, das aus Sicht der AfD zwischen ihr und der Macht steht. Und wir haben eine hohe Verantwortung, dass wir das verhindern."

Bühl hält an der Linie von Merz fest: keine Kooperation mit der AfD. Es sei aber wichtig, "dass wir uns nicht davon abhängig machen dürfen, wer unseren Themen zustimmt". Die CDU müsse für ihre Themen stehen.

Thüringer Regierung hat keine Mehrheit

Heißt: Wenn die AfD im Landtag einem CDU-Antrag zustimmt, will Bühl diesen nicht automatisch zurückziehen. "Ich glaube, das wäre falsch, weil das im Endeffekt die Menschen nur noch mehr frustriert und genau das Gegenteil erzeugt, was wir nicht wollen", erklärt er. "Wir wollen ja, dass die AfD kleiner wird und dass die Menschen überzeugt werden, dass die Parteien, die aktuell die Regierung stellen, auch die Probleme im Land lösen können."

Andreas Bühl im Anzug im Thüringer Landtag
© picture alliance / dts-Agentur
Andreas Bühl, 38, ist seit 2014 im Thüringer Landtag und seit 2024 Vorsitzender der CDU-Fraktion

In Thüringen sind die Mehrheitsverhältnisse besonders kompliziert. Denn dort gibt es seit der Landtagswahl 2024 eine sogenannte Brombeer-Koalition: Die CDU regiert gemeinsam mit SPD und BSW – ohne eigene Mehrheit. Die drei Parteien verfügen über genau die Hälfte der Sitze im Erfurter Landtag.

Gespräche mit Linken, nicht mit der AfD

"Das Gespräch in inhaltlichen Fragen suchen wir mit der AfD hier bei uns nicht", betont Bühl. "Aber wenn man Themen in den Landtag einbringt, dann kann es sein, dass sie eine Mehrheit bekommen."

Mit der Linkspartei dagegen gibt es durchaus Austausch: "Man kann Linke und AfD nicht gleichsetzen. Wir können mit beiden nicht in Form einer Koalition zusammenarbeiten, aus unterschiedlichen Gründen. Aber wir führen natürlich Gespräche mit den Linken." So wurde etwa der Landeshaushalt mit Stimmen der Linken beschlossen.

"Wenn konservative Parteien in solchen Fragen nach rechts rücken, dann profitieren vor allem die ganz rechten Parteien, nicht die Konservativen."
Marcel Lewandowsky, Politikwissenschaftler an der Universität Halle-Wittenberg

Marcel Lewandowsky, Politikwissenschaftler an der Universität Halle-Wittenberg, sieht die Strategie von Merz und der CDU kritisch: "Ich bin tatsächlich immer wieder überrascht, dass man zu sehr ähnlichen strategischen Schlussfolgerungen kommt. Am Ende heißt es immer, man müsse die AfD inhaltlich und 'durch gute Politik' stellen. Aber so eine richtig entwickelte Strategie kann ich da eigentlich gar nicht sehen."

Zwar glaubt Lewandowsky dem Kanzler, dass er keine Zusammenarbeit mit der AfD wolle. Doch er warnt vor einer inhaltlichen Annäherung: "Eine sprachliche und inhaltliche Annäherung – etwa in der Migrations- oder Gesellschaftspolitik – nützt am Ende der AfD. Wenn konservative Parteien in solchen Fragen nach rechts rücken, dann profitieren vor allem die ganz rechten Parteien, nicht die Konservativen."

CDU sollte eigene Themen setzen

Lewandowsky findet, dass Wahlkämpfe und inhaltliche Auseinandersetzungen sich nicht allein um die Frage drehen sollten, ob die AfD davon profitiert oder nicht. Die CDU sollte eigene Themen setzen, statt der AfD hinterherzulaufen: "Die Parteien scheinen sich teilweise gar nicht mehr als Agendasetzer zu sehen, sondern laufen der AfD hinterher und versuchen, sie wieder einzufangen. Die AfD weiß, dass sie Agendasetzerin ist."

Dabei geht das auch anders: Der Politikwissenschaftler verweist auf Wahlkämpfe, in denen andere Themen erfolgreich waren – etwa Wirtschaft oder soziale Fragen.

AfD-Wählerschaft sei loyal

"Wenn man es schafft, Themen in den Vordergrund zu stellen, wo man polarisieren kann, aber nicht in der Rhetorik der AfD, dann kann man auch wieder Wählerinnen und Wähler gewinnen." Die Wählerschaft der AfD sei jedoch relativ loyal. "Momentan sind die bei der AfD und die wird man jetzt so schnell auch nicht in großer Zahl zurückbekommen", sagt er.

Plenarsaal des Thüringer Landtags, fast alle Plätze sind gefüllt
© picture alliance/dpa | Martin Schutt
In Thüringen regieren CDU, SPD und BSW, jedoch ohne Mehrheit

Auf kommunaler Ebene sei die Frage der Zusammenarbeit komplizierter, erklärt Lewandowsky: "Oftmals sitzen auf der kommunalen Ebene Menschen in den Parlamenten, die sind jetzt bei der AfD, die kennen sie aber von früher. Wenn man mit der Person gut zusammengearbeitet hat, warum soll sich das plötzlich ändern?" Dennoch warnt er: "Pragmatisches Handeln ist eben nicht folgenlos. Es führt immer zur Legitimierung der AfD."

"Jetzt müsste die Union sich mit Themen hervortun, die genuin ihr zugeschrieben werden, aber die nicht der AfD nützen."
Marcel Lewandowsky, Politikwissenschaftler an der Universität Halle-Wittenberg

Mittelfristig müsse die CDU außerdem klären, ob sie an ihrem Unvereinbarkeitsbeschluss mit der Linken festhalten könne: "Denn oftmals ist es so, dass sie nur entweder mit der AfD oder unter Einschluss der Linken regieren könnte. Zu dieser Entscheidung haben wir bislang noch nichts gehört – die wird aber kommen müssen."

Zur Landtagswahl in Sachsen-Anhalt im kommenden Jahr sagt Lewandowsky, die CDU dürfe nicht in die Falle der AfD tappen und migrationspolitische Themen so wie sie bespielen. "Jetzt müsste die Union sich mit Themen hervortun, die genuin ihr zugeschrieben werden, aber die nicht der AfD nützen." Das sei nicht so einfach.

Streit um Merz’ Wortwahl

Für Diskussion sorgt auch die Sprache von Friedrich Merz selbst. Nach seiner jüngsten Aussage über das "Stadtbild" kritisierten viele, er übernehme AfD-Rhetorik. Merz hatte gesagt, man habe bei der Migration zwar viel erreicht, aber "wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem".

Merz wies die Kritik daran zurück und bekräftigte sogar: "Ich habe gar nichts zurückzunehmen. Im Gegenteil, ich unterstreiche es noch einmal."

"Gesagt, was viele denken"

Andreas Bühl aus Thüringen verteidigt ihn teilweise: "Das sind natürlich Äußerungen, wo Leute sagen: Ja, endlich sagt es mal jemand – und zwar nicht jemand von ganz rechts außen, sondern jemand, der in der Mitte Verantwortung trägt."

Auf den Hinweis, viele hielten Merz’ Worte für rassistisch, sagt Bühl: "Ich finde schon, dass man auch Grenzen braucht, was man nicht sagen sollte, aber ich finde, dass er an dieser Stelle – vielleicht etwas sehr zugespitzt – klar gesagt hat, was viele Menschen denken."

Ihr habt Anregungen, Wünsche, Themenideen? Dann schreibt uns an unboxingnews@deutschlandradio.de

Shownotes
CDU
Wie umgehen mit der AfD?
vom 20. Oktober 2025
Moderation: 
Rahel Klein
Gesprächspartner: 
Andreas Bühl, Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion im Thüringer Landtag
Gesprächspartner: 
Marcel Lewandowsky, Politikwissenschaftler an der Uni Halle